Ersatzteilbevorratung – Kosten, Kritikalität und Bedarfe in Balance halten
Die Ersatzteilbevorratung dient genau einem Zweck:
der minimierten Stillstandszeit von Maschinen oder Anlagen
Dies gilt sowohl für die Bevorratung bei Instandhaltern, wie auch bei Herstellern oder OEMs. Denn für Hersteller ergänzt eine gute Verfügbarkeit von Ersatzteilen die hohe Einsatzdauer der Maschinen bei Kunden selbst. Dabei gehen die Ersatzteilversorgung durch den OEM mit Beständen beim Kunden Hand in Hand.
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Nutzenmaximierung bei der Ersatzteilbevorratung
Allerdings setzen die Anforderungen an das Working Capital der Höhe der Ersatzteilbevorratung Grenzen. Oft genug treten neben die finanzwirtschaftlichen Schranken auch ganz reale logistische Restriktionen:
So steht in den seltensten Fällen genug Lagerraum für beliebig hohe Ersatzteil-Bestände zur Verfügung.
Was also bestimmt, ob ein Ersatzteil bevorratet werden soll?
Und in welcher Höhe?
In der Folge geht es um die grundlegenden Aspekte einer Ersatzteilbevorratung.
1. Regelmäßige Bedarfe erlauben eine Prognose
Zunächst einmal orientiert sich die Lagerhaltung am Bedarf. Je häufiger Kunden ein Ersatzteil benötigen, desto wahrscheinlicher ist auch zukünftiger Bedarf. Diese Frage lässt sich zumindest für OEMs automatisiert aus der Vergangenheit herleiten. Hierbei sprechen wir von einer Klassifizierung nach Gängigkeit.
Um diese Gängigkeit zu beurteilen benutzen wir eine Clusterung nach der Anzahl von Bedarfen. Das Bedarfsvolumen, also die Menge, spielt hierbei keine Rolle. Die immer wieder vorgeschlagenen XYZ-Klassifizierung ist jedoch eindeutig zu grob.
Die Gängigkeit des Ersatzteil-Portfolios in der Analyse
2. Auswirkungen eines Ausfalls abschätzen: die Kritikalität
Zur Gängigkeit kommt der Aspekt des Risikos:
Ist ein Weiter-Betrieb möglich, obwohl ein Teil ausfällt?
Falls nein handelt es sich um sogenannte kritische Ersatzteile. Diese wollen jedoch erst einmal im Rahmen einer Klassifikation definiert sein. Hierbei müssen Ausfall-Wahrscheinlichkeit und die Ausfall-Wirkung abgeschätzt werden.
Oft genug handelt es sich dabei um die Frage
Ersatzteilbevorratung:
Ja oder Nein?
In vielen Fällen wird diese Frage an nur einem einzigen Kennzeichen festgemacht. Dann geht es um make-to-stock bzw. make-to-order. Für Instandhalter wäre dies die Unterscheidung nach purchase-to-stock oder purchase-to-order.
Doch mit dieser Festlegung allein ist es nicht getan. Denn gerade für häufige Bedarfe fehlt die Berechnung von Mindestmengen und Dispositionsverfahren. Hinzu kommt, dass speziell für seltene Bedarfe eine Bestandsoptimierung durch Meldebestände kaum möglich ist.
Für den Betreiber einer komplexen Anlage kann der Ausfall einer Maschine gleichbedeutend sein mit einem Total-Stillstand. Daher werden Ersatzteil-Vorschläge oft unbesehen akzeptiert. Dies setzt allerdings voraus, dass der Hersteller oder OEM eine solche Klassifikation vorgenommen hat. Das scheitert jedoch nicht selten an personellen Ressourcen.
Daher ist mindestens eine Prüfung auf Dubletten durch die Instandhaltung angesagt.
Auch Service-Level-Agreements und Konsignationsläger des Herstellers sorgen bei Instandhaltern für Abhilfe. Denn damit wird ein Teil der Verantwortung für die Ersatzteilbevorratung an den Hersteller abgegeben.
3. Lange Lieferzeiten erzwingen Bevorratung von Ersatzteilen
Als dritte Komponente kommt die Lieferzeit hinzu. Je länger die Lieferzeit ausfällt, desto eher ist eine Ersatzteilbevorratung angesagt. Denn, wie bereits oben erwähnt, ist das Ziel eine minimierte Stillstandszeit. Daher sind gut gepflegte Planlieferzeiten unerlässlich. Wobei klar ist, dass dies gerade für lange nicht beschaffte Teile durchaus eine Herausforderung sein kann.
Cluster Lieferzeit je Lieferant für Bevorratung von Ersatzteilen nutzen
Gerade nach End-of-Production lassen sich jedoch nicht mehr alle Teile beschaffen. Damit rückt die Lieferzeit in Richtung Unendlich. Dann ist meist eine Endbevorratung beim OEM angesagt. Diese Form der Ersatzteilbevorratung betrifft insbesondere Maschinen-Hersteller.
Für Instandhalter, die ohnehin nur einen festen Bestand an Maschinen haben, spielt der Zeitpunkt der letzten Fertigung dagegen nur eine untergeordnete Rolle.
Eine Sonderform stellt der make-to-order Prozess dar. Damit kann speziell bei hoher Varianz oder kundenspezifischen Teilen die Ersatzteilbevorratung vermieden werden. Denn hier wird die Lieferzeit auf einzelne Stunden beschränkt. Indem erst zum Bedarfszeitpunkt gefertigt wird, besteht quasi unmittelbar Verfügbarkeit. Dabei handelt es sich in der Regel um eine Montage. Seit einiger Zeit ergänzen additive Verfahren, 3-D-Druck, die Möglichkeiten zur Fertigung on-demand.
4. Ersatzteilbevorratung in Lieferketten
Speziell Hersteller, die weltweit vertreiben, kennen eine weitere Anforderung. Die regionale Verteilung von Ersatzteilen setzt sich üblicherweise aus 3 Stufen zusammen:
- Lieferanten, die ggf. Rohmaterial bevorraten,
- einem oder mehreren Zentrallägern, die das gesamte Spektrum an Ersatzteilen abdecken,
- Niederlassungs- und Händlerläger, die eher gängige Ersatzteile bevorraten.
Zentrallägern fällt dabei die Rolle zu, nachgeordnete Stufen der Lieferkette schnellstmöglich zu benachschuben.
Eine untergeordnete Rolle bei der Ersatzteil-Bevorratung spielen Kundendienstwagen und die Läger stationärer Service-Techniker. Denn auf dieser Ebene existiert praktisch kein regelmäßiger Bedarf. An die Stelle der Ersatzteil-Bevorratung tritt die schnelle Ersatzteilversorgung.
Kapitalbindung begrenzt Lagerwert
Gegenläufig zu den bisher genannten Bestandstreibern wirkt die Kapitalbindung. Teure Ersatzteile werden deshalb in geringeren Mengen bevorratet als sogenannte C-Teile. Auch die Berechnung der optimalen Bestellmengen folgt dieser Maxime: hochwertige Ersatzteile werden öfter, dafür aber in kleineren Mengen beschafft.
Grundlage dafür ist zum einen eine Klassifizierung nach Wert. Diese kann ebenfalls automatisiert werden. Zum anderen bringen Beschaffungsstammdaten Bedarfsmengen und Lieferanten-Vorgaben in Einklang. Das allerdings setzt eine geordnete Stammdatenpflege der Beschaffung voraus.
abc-Analyse der Kapitalbindung bevorrateter Ersatzteile
Trotz dieser Prämisse zu minimierender Bestände kämpfen alle Ersatzteil-Organisationen mit Überbeständen bis hin zu oft erheblichen Wertberichtigungen.
Anforderungen zur Bevorratung ins Gleichgewicht bringen
Nachdem die wesentlichen bestimmenden Größen klar sind, geht es darum, sie in Einklang zu bringen. Wie bereits erwähnt helfen dabei Cluster an Ersatzteilen. Denn hierdurch wird nicht mehr nur ein einzelnes Ersatzteil auf Bevorratung und deren Höhe festgelegt. Stattdessen lassen sich je Cluster für ganze Gruppen an Teilen Regeln und Rechenmethoden definieren. Dies vereinfacht die Ersatzteil-Disposition ungemein. Denn dadurch wird auch der Weg zur Automatisierung beschritten.
Allerdings existiert kein allgemein gültiger Ansatz. Denn jedes Unternehmen ist anders. Ob 2 Bedarfe im Jahr in eine Ersatzteilbevorratung einfließen oder nicht, hängt nicht zuletzt am Portfolio insgesamt. In Handelsunternehmen und Werkstätten kommt es so zur Bevorratung auch bei sehr seltenen Bedarfen. Zusätzlich spielt die erforderliche Finanzkraft eine Rolle.
Auch die Frage, ob und wie eine solche Bevorratungsstrategie im ERP abgebildet werden kann, ist fallspezifisch zu klären. Hier helfen Unternehmensberater für die Bestandsoptimierung.
Ersatzteilbevorratung durch Ersatzteil-Pooling als Sonderform
Geringe Ausfall-Wahrscheinlichkeiten gepaart mit hohen Bestandskosten lassen sich durch Ersatzteil-Pools zumindest theoretisch angehen. Denn gerade die Ersatzteile hohen Werts, die nur extrem selten ausfallen, müssen trotz langer Lieferzeit nicht überall vorgehalten werden. Wären diese Bestände in einem Netz bekannt, könnte im Bedarfsfall ein Austausch erfolgen. Hier erlaubt die Digitalisierung einfache Methoden einer Bestandsreduzierung.
Bisher (2024) sind allerdings eher Pools nicht mehr benötigter Ersatzteile bekannt. So können Instandhalter bei Abbau einer Anlage die zugeordneten Ersatzteile möglichen Interessenten anbieten. Voraussetzung ist allerdings, dass die Ersatzteile eindeutig identifizierbar sind. Hierbei helfen Dienstleister wie Sparetech.
Lebenszyklus mit Auswirkungen auf die Bevorratung von Ersatzteilen
Jede Phase des Life Cycles begleitet Ersatzteile durch unterschiedliche Anforderungen an die Lagerhaltung. Während bei Start-of-Production (SOP) nur für wenige Teile Bestand vorgehalten werden muss, steigt die Bevorratung bei End-of-Production meist. Denn zu diesem Zeitpunkt wird eine Endbevorratung festgelegt.
Hinzu kommen Ersetzungen. Der Aufbrauch ersetzter Teile muss zum Bestandsaufbau der ersetzenden passen. Das setzt gerade im Ersatzteilwesen eine enge Abstimmung zwischen Stammdatenmanagement und Einkauf voraus.
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Andreas.Noll@no-stop.de