Vorverpacken von Ersatzteilen: die Do’s und Don’ts
Zunächst einmal kostet Sie das Vorverpacken von Ersatzteilen. Aber dann sollte auch ein Nutzen dahinterstehen.
Dieser Nutzen ist so vielfältig, wie es Ersatzteile sind. Das kann die Werbewirkung sein, oder auch der Schutz der Ware wie auch des Kommissionierers. Außerdem beschleunigt ein vorverpacktes Ersatzteil möglichweise Ihren eigentlichen Kommissionier-Prozess. Schon das kann ein ausschlaggebendes Argument sein, wenn Sie zum Beispiel an Glasscheiben denken.
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Vorverpackung: Zu viel kostet unnötig, zu wenig wirkt ärmlich
Nicht wenige Maschinenbauer verpacken alles. Damit der Name der Firma auch ganz bestimmt in Erinnerung bleibt.
Doch lohnt sich das wirklich? Zumal, wenn ohnehin noch eine Versandverpackung hinzukommt?
Diese Frage kann sicher nur im Zusammenhang mit
- Marken-Bekanntheit,
- Volumen (effizientes Massengeschäft),
- Wert und Marge der Teile
beantwortet werden. Denn der Verpackungsprozess kostet nicht nur Geld. Darüber hinaus braucht er kostbare Durchlaufzeit im Wareneingang. Außerdem steigert sich so die Reichweite des gebundenen Kapitals um eben die Kosten der Verpackung.
Andererseits kennen Sie wahrscheinlich auch das Gegenteil:
schlecht verpackte Ware, die einen unprofessionellen Eindruck hinterlässt.
Also befassen wir uns zunächst mit der Frage, bei welchen Ersatzteilen das Vorverpacken lohnen könnte.
Welche Ersatzteile überhaupt vorverpacken?
Meist ist der Umfang des Vorverpackens irgendwie gewachsen. Dabei sollten Sie einen Prozess, der Kosten verursacht, regelmäßig hinterfragen. Dazu gehört, die Systematik der Vorverpackung im eigenen Unternehmen festzuhalten. Denn die sieht von Betrieb zu Betrieb anders aus.
Klassische Parameter, um das Vorverpacken zu definieren sind insbesondere
- der Schutz bei empfindlichen Ersatzteilen, zum Beispiel Glasscheiben
- als Maßnahme zum Schutz des Kommissionierers (bei Klingen, Nadeln o.ä.)
- zur Beschleunigung des Kommissionierens,
und natürlich
- in Abhängigkeit vom Wert der Ersatzteile.
Hierfür kann eine Klassifizierung dienen.
Um den Vorgang nachvollziehbar zu machen, können Sie die notwendigen Tätigkeiten bei Wareneingang ausdrucken. Das sollte selbst bei einfachen ERP-Systemen klappen. Eine Parametrisierung dürfte nur selten erforderlich sein. Mehr dazu weiter unten.
Verpacken speichert Arbeitszeit, um Durchlaufzeit zu minimieren
Durch das Vorverpacken wird knappe Zeit beim Auftragsdurchlauf in auftragsarme Zeit verlagert. Allerdings setzt das einen regelmäßigen Bedarf voraus. Das gelingt vor allem dort, wo ohnehin immer nur ein Stück versandt wird.
Ein typischer Vertreter sind Glasscheiben. Diese sind gekennzeichnet durch
- Empfindlichkeit im Einsatz, und dadurch öfteren Bruch
- mehr oder weniger zeitaufwendige Verpackung,
- Platz- und ggf. Vorrichtungsbedarf beim Verpacken,
- allenfalls gelegentliche Konsolidierung mit anderen Picks.
Die Verpackung ist dann sozusagen gespeicherte Arbeitszeit, die im Rahmen der Kommissionierung nicht mehr anfällt.
Kits zusammenstellen und packen
Eine Sonderrolle nehmen Kits ein. Hier ist nicht ein einzelnes Ersatz- oder Serviceteil vorzuverpacken, sondern gleich mehrere zusammengehörige Teile.
Beim Klassiker im After Sales Service, dem Wartungskit, erhält der Kunde alles, was zu einer Wartung gehört.
Allerdings können Sie auch einzelne Klein- und Befestigungsteile zu einem dominanten Ersatzteil hinzufügen. So einen Prozess können Sie über einen vollwertigen Fertigungsauftrag abbilden. Oder über eine schlanke Lösung, die dem Wert von C-Teilen gerecht wird.
Wenn Ihr Buchungs- und Control-Aufwand größer wird, als der bewegte Teilewert, haben Sie etwas falsch gemacht. Meist reicht es, wenn Sie eine Stückliste mit den Komponenten auf einem Begleitschein zum Wareneingang ausdrucken.
Im Übrigen gilt beim Kitting mehr noch als beim reinen Vorverpacken: was benötigt wird, steht nah am Arbeitsplatz zur Verfügung. Damit handelt es sich um eine der Ausnahmen zu einem ansonsten chaotisch organisierten Lager.
Werbewirkung von Vorverpackungen
Von Ihrer Vorverpackung kann und muss eine Werbewirkung ausgehen. Sonst ist es nur MUDA. Die Wertschöpfung ergibt sich durch Mehrverkauf. Denn erst durch ein zielgerichtetes Branding erzeugen Sie ein "Original-Ersatzteil". Was auch immer das in einer stark arbeitsteiligen Welt heißen mag ...
Und wenn es die Werbewirkung schon nicht ist, dann sollte wenigstens der reduzierte Aufwand in Folgeprozessen geringer werden.
Bevor Sie mit dem Vorverpacken starten, sollten Sie daher wissen, bei wem die Werbewirkung entsteht. Ihre eigenen Techniker werden es wohl kaum sein. Vielmehr muss ein solcher Customer Touch Point bei Entscheidern positiv auffallen. Daher eignen sich unscheinbare braune Kartons nur sehr bedingt.
Zusätzlich macht es Sinn, bei der Wahl des Verpackungsmittels an die Entsorgung zu denken. Schlecht entsorgbare Verpackung kann nicht nur Ihre Werbewirkung zunichtemachen. Sie verkehrt sich schnell ins Gegenteil. Daher rate ich zum Beispiel von geschäumten Verpackungen eher ab. Hier stellen lediglich zerbrechliche Artikel und sehr empfindliche Oberflächen eine Ausnahme dar.
Vorverpacken nutzen, um Kauf Ihrer Original-Ersatzteile zu fördern
Die Digitalisierung eröffnet Ihnen zusätzliche Chancen. Denn wenn z.B. nur mit individuellen QR-Codes eine Maschine wieder in Betrieb genommen werden kann, muss der Kunde bei Ihnen kaufen. Solche Aktivierungscodes können durchaus Teil Ihrer Vorverpackung sein. Gegenüber dem Kunden geht es natürlich zuerst um eine erforderliche Sicherung der Qualität.
Operative Umsetzung des Vorverpackens
Wenn die Vorverpackung zum Ersatzteil gehört, dann wird sich die Organisation des Ersatzteillagers wohl darum kümmern müssen. Allerdings handelt es sich um Arbeitszeit, die sich in Kern-Kennzahlen wie Picks pro Mitarbeiterstunde eben nicht widerspiegeln. Schon daher sind auch für das Vorverpacken effiziente Abläufe erforderlich.
Andererseits stellen solche Nebentätigkeiten einen Arbeitspuffer dar. Damit lassen sich Lücken im Auftragseingang ausgleichen. Das hilft bei der Einsatzplanung des Lagerpersonals.
Das darf aber nicht dazu verleiten, das Vorverpacken in Zeiten hohen Auftragseingangs liegen zu lassen. Denn das führt, je nach Buchungsfolge, zu Fehlteilen. Schließlich ist die Ware im Haus, und doch nicht verfügbar.
Der Arbeitsplatz zum Vorverpacken
Eigentlich ist es doch selbstverständlich. Alle Aktivitäten zur Vorverpackung erfordern einen gut ausgerüsteten Arbeitsplatz. Dass bedeutet, dass nicht nur alle Komponenten nah am Arbeitsplatz lagern. Sonst steigt die Blindleistung zum Kommissionieren von Verpackungsmaterial. Auch Werkzeuge, ggf. Hebezeuge und die IT-Ausstattung zum Buchen und Drucken dürfen nicht fehlen. Zu guter Letzt sollten auch die gedruckten Dokumente in einer strukturierten Ablage griffbereit liegen. Für die Logistik muss außerdem genügend Stauraum vorhanden sein. Klassischerweise handelt es sich um den gleichen Platz wie für das Kitting.
Stammdaten gehören auch zum Vorverpacken
Das Stammdatenmanagement gehört zwar zu den Geißeln der Ersatzteillogistik. Trotzdem sollte auch die Vorverpackung im ERP oder WMS hinterlegt sein. Dabei bietet sich für die einzusetzenden Materialien eine Stückliste an. Dadurch wird zumindest der richtige Materialeinsatz festgelegt. Damit ist jedoch noch lange nicht fixiert, dass Sie Fertigungsaufträge einsetzen. Und auch eine Bestandsführung der Kartonagen im ERP muss deshalb nicht sein. Denn die Stückliste definiert lediglich die Teile-Auswahl und -Mengen.
Weitere Informationen können Sie in Textkonserven hinterlegen. Dazu gehören mehrsprachige Bezeichnungen, die per Aufkleber auf die Vorverpackung kommen. Aber auch Anweisungen und Warnhinweise für Kunden. Durch Hinterlegung im ERP sorgen Sie eher für Aktualität, als wenn Sie einen Stapel an Vordrucken lagern, oder in manuellen Listen suchen.
Zur schlanken Abwicklung der Vorverpackung gehört der Verzicht auf den Einsatz von Fertigungsaufträgen. Damit verliert zwar Ihr Controller ein Betätigungsfeld. Denn ohne Nachkalkulation laufen die Kosten in die Gemeinkosten. Dafür brauchen Sie keine 2 Artikelnummern. Das kann insbesondere bei unkoordinierter internationaler Ko-Existenz von Ersatzteilen wichtig sein: in Nordamerika ohne Zubehör und Verpackung, in EMEA mit. Und alles unter ein und derselben Ersatzteil-Nummer. Das geht schief ...
Zur Vereinfachung der Stammdaten-Haltung eignen sich Kleinteile-Kits. Denn wenn sich ein Kleinteil-Kit für mehrere verschiedene Endprodukte eignet, sind auch weniger Daten zu pflegen. Zwei Schräubchen zu viel sprengen ganz sicher nicht den Kostenrahmen. Es muss im Ersatzteilwesen ja nicht gleich so perfekt sein, wie bei den durchaus aufwändigen IKEA-Tütchen. Letztlich ist die Losgröße in der Ersatzteillogistik doch wesentlich kleiner.
Ein Hinweis noch zur Verwendung des Warenursprungs auf der Vorverpackung:
Inkonsistenzen mit einem Warenursprung auf dem Ersatzteil sind gegenüber dem Zoll nur äußerst schwer erklärbar. Daher lohnt hier der Verzicht auf zu viel Informationen. Es sei denn, Ihre Warenursprünge sind aktuell gepflegt. Dann müssen Sie "nur noch" die Charge aus der Bestellung mit dem zu verpackenden Los in Übereinstimmung bringen.
Ersatzteile vorverpacken durch Dienstleister
Wenn das Volumen steigt, stellt sich die Frage nach der Effizienz des Vorverpackens. Denn dann gibt es möglichweise andere, die diesen Prozess schneller oder günstiger erledigen. Das können zum einen Spezialisten sein. Zum anderen eignen sich solche Wiederholtätigkeiten auch gut für Behinderte.
Nehmen wir das Beispiel von Filtern. Hier ist nicht nur der Wettbewerb hoch. Das ruiniert die Preise. Als Ersatzteil für Wartungen ist oft genug auch das zu erwartende Service-Volumen hoch. Daher kommt dann die Nachfrage nach gebrandeten Filtern. Hierauf haben sich einige wenige Spezialisten verschrieben. Sie liefern zu einem moderaten Aufpreis "Original" Filter in Kartonagen des Auftraggebers.
Auf der anderen Seite finden sich Behinderten-Werkstätten. Diese sind immer auf der Suche nach einfachen Arbeiten mit großer Wiederholhäufigkeit. Vorverpacken gehört sicher dazu. Das kann so weit gehen, dass sie die Arbeiten in der Wareneingangs-Zone der Auftraggeber durchführen.
Ein Neben-Effekt:
50 % des Gesamtrechnungsbetrags abzüglich der Materialkosten können die Auftraggeber auf eine zu zahlende Ausgleichsabgabe anrechnen.
Die Prozess-Gestaltung ist im Fall der Fremdvergabe allerdings etwas aufwändiger, als im eigenen Haus. Das kann eine Bestellung mit Beistellung sein. Im ungünstigen Fall liefern Sie dann an den Dienstleister. Hierdurch steigt die Zahl Ihrer Warenbewegungen und auch die Transportkosten. Aber auch eine direkte Anlieferung der unverpackten Ersatzteile kommt infrage. Sofern keine Sendungsbündelung erfolgt, spielt es für Lieferanten keine Rolle, wohin sie liefern.
Die eleganteste Version besteht in einer eigenständigen Disposition der Rohteile durch den Vorverpackungs-Dienstleister. Das entlastet unter anderem Ihr gebundenes Kapital. Dieses Vorgehen verlangt als Pferdefuß eine detaillierte Abstimmung mit dem Vorverpacker. Denn Sie müssen Sorge tragen für die Aktualität Ihrer Anforderungen. Und auch die Rohteil-Lieferanten wollen eingebunden sein. Denn Ihre Bedarfsvolumen sind jetzt nicht mehr unmittelbar transparent. Das hat Auswirkungen auf Ihre Preis-Verhandlungen.
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Andreas.Noll@no-stop.de