Ersatzteil-Disposition im Maschinenbau – die Verfügbarkeit steigern
Ersatzteil-Disposition funktioniert eben doch anders als Serien-Disposition:
- die geringe Verkaufs-Häufigkeit
- die fehlende Planung
- und die lange Historie der zu versorgenden Maschinen
verlangen ein anderes Herangehen.
Sonst ruinieren Ihnen Fehlteile die Zufriedenheit Ihrer Kunden.
Denn nichts ist teurer als deren langanhaltender Maschinenstillstand.
Wegen der Vielfalt der Themen finden Sie die Disposition von Ersatzteilen auf mehrere Beiträge verteilt. Wir starten hier mit dem Einstieg.
𝗜𝗻𝗵𝗮𝗹𝘁𝘀𝘃𝗲𝗿𝘇𝗲𝗶𝗰𝗵𝗻𝗶𝘀 zum Aufklappen
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Fehlteile und Überbestand vermeiden
Wie plant man Beschaffung und Bestand für Ersatzteile effizient und auch effektiv? Die Disposition der meist enormen Anzahl zu pflegender Artikel ist eine der Herausforderungen im Ersatzteil-Management. Letztlich sind Fehlteile eines der Hemmnisse für zufriedene Kunden.
Auch die nicht minder geringe Zahl an zu pflegenden Parametern ist beachtlich. Sie können sie in einem vorlaufenden Prozess allerdings durch Klassifizierung auf die relevanten Artikel reduzieren. Hierbei geht es mindestens um die Klassifizierung nach Wert und Verkaufshäufigkeit. Für jede dieser Klassen können Sie dann spezifische Regeln anwenden.
Arbeitsgemeinschaft Ersatzteillogistik der AWF: Machen Sie mit
Sie können zu allen Themen der Ersatzteillogistik im Rahmen einer Arbeitsgemeinschaft mit Gleichgesinnten lernen. Best Practice bleibt so nicht etwa graue Theorie. Stattdessen haben Sie die Chance, an den Beipielen der anderen zu partizipieren.
Und zwar persönlich und vor Ort
Die Arbeitsgemeinschaft Ersatzteillogistik wird am 06. Dezember 2024 gegründet.
Die Gründungssitzung findet online statt und ist KOSTENLOS und UNVERBINDLICH.
Hier können Sie das Programm als pdf herunterladen
Über die AWF
Die AWF – Arbeitsgemeinschaft für Wirtschaftliche Fertigung ist ein Netzwerk für den überbetrieblichen Erfahrungsaustausch in der verarbeitenden Industrie. Hierzu dienen Arbeitsgemeinschaften sowie Veranstaltungen zur beruflichen Aus- und Weiterbildung wie Kompakt-Seminare, Inhouse-Trainings und Aktiv-Workshops.
Klassifizierung Voraussetzung zur Ersatzteil-Disposition
In einer Matrix angeordnet erhalten wir 6 x 5 Klassen. Daraus können Sie grob eine erste Einteilung definieren:
- Welche Teile wollen Sie vorrätig halten?
- Was davon wollen Sie als Make-to-Stock festlegen?
Darüber hinaus gilt es, diese einzeln in den Planungsparametern abzubilden. In SAP eignet sich genau zu diesem Zweck ein Dispositionsprofil. Ein Dispositionsprofil vereint in sich unter anderem das Dispositionsverfahren und die Losgrößen-Kalkulation.
Neben den Verfahren sind jedoch auch die konkreten Parameter des jeweiligen Ersatzteils festzulegen. Erst an dieser Stelle kommen die Verbräuche ins Spiel. Für die Parametrisierung bedarf es Rechenregeln, die aus Klasse, Verfahren und Verbrauch sinnvolle Sicherheitsbestände ermitteln. Hier kommt es speziell bei den selten verkauften Ersatzteilen der Klassen M, S und eventuell U zu einer geplanten Bevorratung. Bei Anwendung klassischer Verfahren würde sich diese eher nicht ergeben.
Bestellpunktverfahren
Beim Bestellpunktverfahren wird kontinuierlich (täglich) geprüft, ob die Auslösung einer Bestellung erforderlich ist. Dabei werden der frei verfügbare Bestand mit offenen Bedarfen (Planbedarfe aus Prognosen und Kundenaufträge) und geplanten Zugängen (meist Bestellungen, aber z.B. auch Retouren) verrechnet gegen einen Zielbestand (zur Bestell-Auslösung).
Im einfachsten Fall ist der Zielbestand Null: es handelt sich um ein Ersatzteil mit einer make-to-order (mto)- oder purchase-to-order-Ausprägung. Dann geht es sich um ungängige Ersatzteile.
Durch einen Sicherheitsbestand erhöht sich dieser Zielbestand. Dadurch entsteht ein Puffer für unvorhergesehene Bedarfe bzw. Liefer-Abweichungen. Bei der Disposition mit Meldebeständen berücksichtigt das Verfahren zusätzlich die Wiederbeschaffungszeit, um rechtzeitig zu bestellen. Die Meldebestandsdisposition berücksichtigt jedoch keine Bedarfe in der Zukunft. Wegen des hohen Aufwands für Datenpflege ist diese Ausprägung eines Bestellpunktverfahrens daher für Ersatzteile nur bedingt geeignet. Daher fällt es für eine Bestandsoptimierung in der Regel aus.
Das Arbeiten mit Sicherheitsbestand ist das gebräuchliche Verfahren in der Ersatzteil-Disposition. Hinzu kommt bei gängigen Ersatzteilen eine Prognose.
Außerdem entscheidet sich an dieser Stelle, bei welchen Ersatzteilen Sie einen Forecast einsetzen. Denn eine Prognose lohnt in der Regel nur bei wenigstens einigermaßen regelmäßig auftretenden Bedarfen. Trifft dies nach Strukturbrüchen, zum Beispiel nach Covid, nicht mehr zu, sind manuell Anpassungen an das Demand Planning unumgänglich.
Was nur Ihre Disponenten leisten können ist die Anlage eventueller Mindestbestellmengen oder fixer Losgrößen. Hier sind menschlicher Verstand und ein konstruktiver Umgang mit Lieferanten erforderlich. Allerdings muss ich hier anmerken, dass es gerade diese Parameter sind, die zu zu hohen Lagerreichweiten führen.
Zwei Stolpersteine gibt es noch:
- gerade das Ersatzteilwesen kennt den Fluch der Ersetzungen. Nicht nur bei der Klassifizierung sind Ersetzungen zu berücksichtigen. Auch bei den Verbräuchen sind Ersetzungen relevant.
- sogenannte Kritische Ersatzteile wollen verfügbar sein, auch wenn sie eigentlich nicht gebraucht werden.
Einstellungen sollen konkret so erfolgen
Ein wesentliches Element fehlt noch in unserer Betrachtung: die Verfügbarkeit. Es macht Sinn, für jedes Ersatzteil die Verfügbarkeit zu messen und auch im Nachhinein auswerten zu können.
SAP jedenfalls macht es uns in dieser Frage nicht leicht: es gibt zwar Verfügbarkeitsprüfungen, die sind jedoch später nicht nachvollziehbar. Die Erzeugung einer Einteilung ist jedenfalls kein Maßstab dafür, ob ein Ersatzteil zum Kunden-Wunschtermin verfügbar gewesen war. Und eine nicht pünktlich erfolgte Auslieferung kann jenseits der Verfügbarkeit eine Fülle an Auslösern haben.
Für eine Betrachtung aus Kundensicht ist die Liefertermintreue der bessere Maßstab.
Elegant ist die Messung zum Zeitpunkt des Auftragseingangs. Das bedeutet ggf. eine Anpassung des ERP-Programms (User-Exit). Nicht erteilte Aufträge mangels Bestands fallen so allerdings aus der Messmethode heraus. So eine Messung des Abbruchs eines Bestellvorgangs ist state-of-the-art allenfalls für Webshops.
Ist-Verfügbarkeit von Ersatzteilen nach Klassifizierung als Ergebnis der Ersatzteil-Disposition
Auch der Vergleich tagesaktuell fortgeschriebener verfügbarer Bestände mit den Auftragseingängen lassen sich zur Messung heranziehen. Letztendlich wird es darum gehen, Ziel-Verfügbarkeiten mit den Ist-Messungen abzugleichen. Auf dieser Basis können Sie die Parameter anpassen.
Umsetzung der Ersatzteil-Klassifizierung für die Ersatzteil-Disposition
Der gesamte oben beschriebene Prozess der Klassifizierung und auch der Festlegung der Dispodaten kann
- im ERP-System abgebildet werden (hier Vortragsmanuskript eines umgesetzten Projekts unter SAP),
- als add-on zum ERP-System implementiert werden, zum Beispiel von inform oder von syncron,
- über Reporting-Tools mindestens halb-automatisch umgesetzt werden,
- und schließlich mit Excel durchgeführt werden.
Selbst mit solche Einmal-Maßnahmen lassen sich so bereits beachtliche Erfolge erzielen.
Da die Bestellmengen-Rechnung für Ersatzteile eine eigene Komplexität beinhaltet, wird sie in einem separaten Beitrag behandelt.
Doch Vorsicht:
Als Kurzfrist-Ergebnis steigt der Bestand dann
Die Beschaffung von bisher zu vorsichtig disponierten Teilen klappt sofort. Das Abschmelzen überflüssigen Ersatzteilbestands gestaltet sich zäh. Die zeitliche Abfolge der Bestandsveränderung lässt sich im Rahmen des Bestandscontrollings über eine Reichweiten-Betrachtung darstellen:
Bei einer Verteilung der Reichweiten wie oben gezeigt werden sich Veränderungen der Zusammensetzung ergeben. Das passiert jedoch nicht durchgängig automatisch. Insbesondere tote Teile fließen zwar in geringer Menge irgendwann doch ab. Doch wer will schon ewig warten?
Disponenten werden jedenfalls nicht nur dadurch arbeitslos, dass automatisiert wird. Hier ist Kreativität gefragt, um wertberichtigte Ersatzteile doch noch zu Geld zu machen.
Damit ergeben sich Veränderungen in den folgenden Bereichen:
keine Regel ohne Ausnahme auch in der Ersatzteil-Disposition
Die oben beschriebenen grundsätzlichen Zusammenhänge gelten ganz sicher für den "Normalbetrieb". Daneben kennen wir die Ausnahmen
- der niedrigpreisigen "C-Teile",
- der Bestände auf Techniker-Autos,
- von konstruktiven Anpassungen, zum Beispiel des Serien-Auslaufs und der Erst-Bevorratung,
- die nur sehr selten und trotzdem regelmäßig wiederkehrenden Einzel-Bedarfe,
- der in der Ersatzteil-Versorgung reichlich vorhandenen Ersetzungen,
und natürlich
- der Aktionsware, die nur kurzfristig verfügbar sein soll.
Jeden einzelnen Fall müssen Sie in der Disposition berücksichtigen. Und möglichst maschinell abbilden.
Bestellrhythmusverfahren
Beim Bestellrhythmusverfahren werden Bestellungen in einer festen zeitlichen Taktung ausgelöst. Wesentlicher Vorteil ist der reduzierte Aufwand für Dispositionsläufe sowie eine bessere Verlässlichkeit für Lieferanten.
In der Ersatzteil-Disposition ist das Bestellrhythmusverfahren eher unüblich, da die Bedarfe im Ersatzteilgeschäft meist mit geringer Häufigkeit vorkommen. Hierdurch lohnen regelmäßige Bestellungen überhaupt nur für hochgängige Ersatzteile. Die insgesamt kleinen Mengen würden zudem eine Bestellmengen-Optimierung deutlich erschweren. Bei der Anwendung von Prognosen im ERP-System kann es durch die regelmäßige Erzeugung von Planbedarfen allerdings zu einem sehr regelmäßigen Bestellverhalten kommen.
Statt des Bestellrhythmusverfahrens kommt eher das Bestellpunktverfahren zum Einsatz.
Und wie kann das geballte Wissen der Disponenten einfließen?
Es gibt sie immer, die Sonderfälle, die einer speziellen Logik folgen. Es macht daher Sinn, Ihren Disponenten den Ausschluss von Artikeln von den automatisierten Verfahren der Dispodaten-Buchung zu erlauben.
Darüber hinaus sollten Sondereffekte, zum Beispiel Verkaufsaktionen oder Abverkauf von Restanten, bei den Verbrauchsdaten und eventuell auch in den Basisdaten für die Klassifizierung manuell korrigiert werden. Sonst wird vollautomatisch nachbeschafft, was lange schon nicht mehr gängig war. Und das würde alle Ihre Anstrengungen zur Bestandsoptimierung Ihrer Ersatzteile zunichte machen.
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Andreas.Noll@no-stop.de