Retourenmanagement ungeliebt, jedoch auch bei Ersatzteilen unerlässlich
Gerade in der Service-Logistik mit angebundenen Technikern kämpft die Ersatzteillogistik mit einem hohen Anteil an Retouren. Insofern unterscheidet sie sich nicht vom modernen eCommerce. Damit verlangt jede Retoure gerade wegen dieses hohen Aufkommens nach schlanken Prozessen.
Denn bei Retourenquoten von über 10 % verbieten sich aufwändige Prozesse von selbst
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Schlanke Abwicklung: Maxime für jede Retoure
Mit dem hohen Aufkommen an Retouren können Sie die Prozesse nicht mehr dem Zufall überlassen.
Denn sie erzeugen nicht nur intern Blindleistung, und damit unnötige Kosten. Auch die mit Retouren verbundenen Zahlungsströme wollen limitiert sein.
Es gibt sie nicht, die eine Retoure. Je nach Komplexität der Ersatzteil-Organisation können ganz verschiedene Formen auftreten.
So unterscheiden wir Retouren zum Beispiel
- wegen Falschlieferung,
- weil eine erste, zunächst verschollene, Lieferung nach einer Ersatzlieferung ankam,
- von ausgeliehenen Sonder-Werkzeugen,
- weil ein Teil nicht (mehr) benötigt wurde,
- zur Lager-Bereinigung in der Lieferkette
und als Sonderfälle
- als Nachweis von Transportschäden,
- zur Aufarbeitung als Defekt-Teil.
Zusätzlich unterscheiden wir noch die sofortige Retoure von einer Sammel-Retoure.
In der Regel gelten für sofortige Retouren vereinfachte Prozesse. In diesen Fällen muss der Kunde allerdings die Dokumentation des Versands (Lieferschein) nachweisen.
Heute bietet die Digitalisierung der Service-Organisation gerade für diese Fälle Potenzial. In best-practice Unternehmen stößt die Avise die Anlage einer Retouren-Lieferung an. Damit sieht das Backoffice den erwarteten Zugang (=Bestandserhöhung). Auch für die Disposition herrscht damit Klarheit.
Im Gegensatz dazu dienen Sammel-Retouren meist der Lager-Bereinigung in der Lieferkette Ihrer Ersatzteillogistik. Sowohl Komplexität wie auch Häufigkeit unterscheiden sich deutlich von der sofortigen Retoure.
Bestände und Retouren: was es zu beachten gilt
Eine hohe Verfügbarkeit spricht jeden Kunden an - ein zu hoher Bestand jeden Vorstand.
Damit ist die Bestandsverteilung in Ihrer eigenen Supply Chain (Zentrallager, Regionallager, Techniker) wesentliche Stellgröße für deren absolute Höhe. Schließlich soll Bestand dort liegen, wo er gebraucht wird. Mit der Entfernung vom zentralen Ersatzteillager sinkt die Wahrscheinlichkeit des Bedarfs. Vereinfacht formuliert.
Bereits verkaufte Bestände bei Ihren Kunden müssen dabei zunächst außen vor bleiben. Eine restriktive Handhabung über
- den Prozess (Genehmigung),
- die Häufigkeit (nur jährlich)
- und den Bearbeitungsbetrag (prozentual)
unterstützt diesen Ansatz.
Daneben macht es Sinn, auch Retouren frühestmöglich in der Ersatzteil-Disposition zu berücksichtigen. Nur wenn Ihr Techniker eine Retouren-Lieferung schon bei der Rücksendung anlegen kann, dann können Sie sie auch in der Bestellmengenrechnung berücksichtigen. Hinzu muss allerdings eine minimierte Durchlaufzeit in Ihrem Ersatzteillager kommen. Auch für Sammel-Retouren muss als Abschluss des Genehmigungsprozesses eine Bestellung oder Eingangslieferung stehen. Ansonsten schlagen die Bestandseffekte eben nicht positiv zu Buche.
Erster Schritt im Prozess: der Rücktransport
In einem integrierten After Sales Service mit Technikern beginnt der Prozess nicht im Wareneingang. Denn der Auslöser ist hier eben der Techniker. Er oder sie sollte nicht nur Ihre Retouren-Lieferung im ERP triggern, sondern auch die Abholung oder Mitnahme durch den Express-Dienstleister.
Bei modernen Dienstleistern kann dieser Schritt durch eine App ausgelöst werden. Mit der nächsten Anlieferung wird dann die Rücksendung auch definitiv mitgenommen. Hierzu gehören allerdings auch die notwendigen Papiere. Ganz ohne geht es schließlich doch nicht. Die Box will mit einem Versand-Label beklebt sein, um zum richtigen Adressaten zu gelangen. Je nach Ausbau der Digitalisierung wird dies ausgedruckt, oder liegt zumindest als fertiges Formular gedruckt vor. Ihr Service Techniker sollte nicht nach der richtigen Versandanschrift suchen müssen.
Retouren erfordern Erfahrung im Wareneingang
Zunächst einmal wird es darum gehen, Retouren vom normalen Wareneingang zu trennen. Denn zu hoch ist das Risiko, fehlerbehaftete Retouren-Teile mit guten Ersatzteilen zu mischen. Wie bei jedem anderen Wareneingang auch spielt Geschwindigkeit eine Rolle. Schließlich kann eine Rücksendung auch dringend benötigte Fehlteile beinhalten.
Wie oben erläutert, gibt es eine Fülle an Gründen für eine Rücksendung. Und nicht alle Retouren wurden angekündigt.
Damit geht es in Schritt 2 darum, die Retouren nach ihren Gründen zu sortieren. Schon dabei braucht Ihr Mitarbeiter eine Menge Erfahrung. Das gilt erst recht, wenn die Prüfung des Einzelfalls ansteht. Dann muss Ihr Mitarbeiter jedes Ersatzteil identifizieren. Damit wird die Fähigkeit, Ihre Zeichnungen lesen zu können, Pflicht. Denn nicht immer stimmt ein Eintrag auf einer Retouren-Liste mit dem retournierten Artikeln überein. Selbst ein Label am Teil muss nicht stimmen. Eine gute Teile-Kenntnis hilft dabei, nicht jede Zeichnung lesen zu müssen.
Im Folgeschritt prüft Ihr Mitarbeiter die Qualität. Das kann von der Sichtprüfung bis zum elektronischen Funktionstest reichen. Erst danach darf die Freigabe für eine erneute Einlagerung in den frei verfügbaren Bestand erfolgen.
Es empfiehlt sich, wenn Sie retournierte Ersatzteile in einem separaten Fach lagern. Denn nur so können Sie bei später gemeldeten Fehlern eine Rückverfolgung gewährleisten.
Dokumentation der Retouren ist unerlässlich
In der Kommunikation mit dem Kunden ist insbesondere die Dokumentation mit dem Foto ausgesprochen hilfreich. Überhaupt taugt gerade in diesem Prozess das Foto gut als Beweismittel. Der Auftrags-Sachbearbeiter Ihres Kunden weiß nicht, wie dessen Lager die Ware versandt hat. Das Foto mit dem völlig chaotisch gefüllten Packstück hilft in der Argumentation. Der Schaden durch ausgelaufenen Lack wird so offensichtlich.
Eines noch an dieser Stelle: abgelehnte Retouren verstopfen schnell Ihren Wareneingang. Regeln Sie in Ihrer Retouren-Richtlinie Ihr Vorgehen für abgelehnte Positionen:
- wie wird ein Rücktransport organisiert? Wer trägt die Kosten?
- wann werden nicht abgeholte Teile verschrottet?
Nicht jede Retoure akzeptieren
Jede Retoure bedeutet Aufwand. Und Risiko. Daher ist es sinnvoll, die Retouren-Handhabung in einer Anweisung zu beschreiben. Insbesondere die Kriterien für einen Ausschluss von Retouren müssen Sie sauber kommunizieren (z.B. im Extranet). Klassische Ablehnungsgründe sind
- der Wert der Retoure gemessen am Ersatzteil-Umsatz,
- ein zu geringer Wert einer Retouren-Position,
- Ware mit Alterung (Gummi, Kleber, Lack, usw.),
- die Ersetzung des Retouren-Artikels,
- Überbestände im eigenen Ersatzteillager,
- kein Bestand, aber auch seit langem kein Bedarf mehr,
- eine kundenspezifische Sonder-Ausführung,
und nicht zu vergessen
- verletzte Siegel beim Öffnen von Verpackungen (z.B. bei hochwertigen Platinen),
- Ersatzteile von einem anderen Lieferanten, die (vorsätzlich ?) an Sie "zurück"geschickt werden.
Es ist selbstverständlich, dass die Ersatzteile unbenutzt und unbeschädigt sein müssen. Ob ein Einbau zum Test als Ausschluss gilt, ist sicher von Branche zu Branche unterschiedlich.
Professionelle Vorbereitung von Ersatzteil-Retouren
Die kaufmännische Prüfung der ersten 6 Punkte erfolgt vorteilhafterweise bereits vor einem etwaigen Transport. Ein einmal eingespielter Genehmigungsprozess erlaubt eine schlanke und fehlerarme Abwicklung. Hierdurch schränken Sie zumindest operativen Aufwand und auch Transportkosten ein.
Natürlich ist schon die Beantragung einer Retoure Aufwand für Ihren Kunden. Sie erleichtern ihm oder ihr die Arbeit, wenn Sie hierfür ein Internet-Portal bereitstellen. Das muss dann allerdings auch in der Lage sein, die oben genannten Restriktionen abzubilden. Das wiederum setzt voraus, dass Ihr Stammdaten-Management auch für Uralt-Teile für eine gute Datenqualität gesorgt hat.
Ersatzweise stellen Sie zumindest ein elektronisches Formular zur Verfügung. Dies ist ein klassischer Fall der Anwendung von Excel im Ersatzteilmanagement. Auf diese Weise garantieren Sie, dass Ihr Retouren-Sachbearbeiter effizient arbeiten kann. Dieser sollte hinreichend geschult sein: im Fall längerer Listen sollte er nicht Teil für Teil in Ihrem ERP suchen müssen. Eine Verknüpfung der Retouren-Anfrage mit einer bereitliegenden oder frisch aus dem ERP gezogenen Liste erlaubt auch für hundert(e) Positionen eine kurzfristige Antwort.
Ablehnung von Retouren
Jeder negative Bescheid gegenüber einem Kunden (intern wie extern) bedarf der Begründung. Schon, um Aufwand in Folgejahren zu vermeiden. Deshalb lohnt es, die Gründe für nicht genehmigte Retouren inhaltlich zu nennen. Ein heute ersetztes Teil nehmen Sie doch auch im nächsten Jahr nicht zurück. Und ein C-Teil wird auch weiterhin zu billig sein, um für eine Retoure in Frage zu kommen.
Gerade langjährig bestehende Lieferketten von Ersatzteilen weisen oft geradezu eine Flut nicht benötigter Ersatzteile auf. Je entfernter die Teile vom Zentrallager liegen, um so unwahrscheinlicher ist deren Verbrauch. Eigentlich macht damit die Rückführung solcher Ersatzteile Sinn.
Wenn allerdings ein zukünftiger Verbrauch auch in der Zentrale unwahrscheinlich ist, sollten Sie die Kosten für Transport und auch Erstattung vermeiden. In diesen Fällen hilft nur ein Ersatzteil-Pooling: für die exotischen Ersatzteile werden die Stammdaten der Ersatzteil-Beschaffung angepasst. So bestellt Ihre Beschaffung beim nächsten Bedarf dieses Teil eben beim Kunden oder in Ihrer Niederlassung.
Der finanzielle Aspekt von Retouren
Das EHI Retail Institut hat in einer Studie im Herbst 2017 im B2C-Geschäft für Retouren einen Wert von 10 € pro Artikel herausgefunden. Im B2C Business ist dabei besonders unangenehm, dass 30 % der Artikel nicht wieder verkauft werden können. Damit kommen zu den Prozesskosten weitere Kosten in beachtlicher Höhe.
Ein Anreiz, Retouren gar nicht erst entstehen zu lassen, sind natürlich die finanziellen Konditionen. Anders als im B2C-Geschäft besteht Vertragsfreiheit. Sie können also definieren, wie hoch Sie Ihre Bearbeitungsgebühren ansetzen. Und auch die Frachttragung können und sollten Sie zu Lasten des Versenders regeln. Einzig Ihre Fehler (Falschlieferung, Verpackungsfehler, ...) können Gründe dafür sein, dass Sie die Fracht selbst tragen. Generell gilt natürlich gerade in diesem individuell getätigten Geschäft: ein wenig Kulanz beugt Beschwerden vor.
Abschläge bei der Gutschrift zur Retoure
Wie oben erwähnt, unterscheiden wir zwischen sofortigen und Sammel-Retouren. Üblich sind prozentuale Abschläge gegenüber dem Einkaufspreis. Diese Unterscheidung drückt sich auch in unterschiedlichen Bearbeitungsgebühren aus. 10% vom Warenwert für eine sofortige Retoure sind üblich, 20% und mehr dürfen es für eine Jahres-Retoure sein. Doch was ist der Warenwert? Sofern ein eindeutiger Zusammenhang zwischen Retoure und Versand herzustellen ist, kann der ursprüngliche Verkaufswert angesetzt werden. Alternative hierzu ist Ihr Netto-Verkaufspreis. Allerdings müssen Sie hier Vorsicht walten lassen: frühere Rabatt-Aktionen, Schwankungen des Währungskurses und strukturelle Anpassungen Ihrer Preisliste können Retouren zur Cash-Cow Ihres Kunden machen.
Es versteht sich von selbst, dass im Einzelfall weitere Abschläge bei der Erstattung anzusetzen sind, z.B.
- für externe Eingangs-Tests, z.B. bei elektronischen Komponenten,
- eine etwaige Aufarbeitung,
- bei Zusatzaufwand durch fehlende Liefer-Dokumente.
Wegen der Fülle dieser Vergütungsparameter sollten diese nicht im Tagesgeschäft abgearbeitet werden. Es empfiehlt sich vielmehr, eine eigenständige Preisliste nur für Retouren anzulegen. Damit sind Datenpflege und -Nutzung getrennt.
Die Gutschrift an den Einsender darf erst erfolgen, alle Fragen geklärt sind. Das gilt natürlich auch für die nicht retournierbaren Ersatzteile, die Sie identifiziert haben. Es handelt sich um Kundeneigentum, über das Sie nicht verfügen dürfen. Haben Sie es bei sich gepuffert und warten auf Antwort, dann kann das dauern. Eine zwischenzeitliche Gutschrift hilft da eher nicht. Zur Beschleunigung des Entscheidungsprozesses können sie durchaus auch Lagergeld ansetzen.
Retouren im Reporting separat ausweisen
Gerade Jahres-Retouren können erhebliche Effekte auf ein monatliches Reporting haben. Denn finanziell handelt es sich um negative Umsätze. Damit sinkt auch der monatliche Deckungsbeitrag für einen Kunden "unerwartet" drastisch. Nur wenn Ihr Vertriebscontrolling Retouren separat ausweist, können Sie leicht die Ursache für Einbrüche beim Umsatz und Marge belegen.
Ursachen von Retouren auf den Grund gehen
Retouren kosten alle Beteiligten Geld. Viel Geld. Darum ist die operative Abwicklung nicht alles. Denn auch Retouren sind wollen durch Kennzahlen abgebildet sein. Schließlich verstecken sich hinter den Retouren-Gründen die Ursachen für unnötige Kosten. Das gilt für
- Mankos in der technischen Qualität,
- Schwachstellen im Lagerbetrieb (Falschlieferungen, Fehlmengen),
- mangelhafte Dokumentation und Identifikation von Ersatzteilen.
Erst durch eine Auwertung der absoluten Höhe und von Trends erkennen Sie, wo die nächsten Projekte starten müssen. Denn dadurch reduzieren Sie Ihre Kosten.
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