Bei End of Service von Ersatzteilen aktiv handeln und Kosten senken
Irgendwann ist Schluss. Sie stellen fest, dass Sie bestimmte Ersatzteile seit n Jahren nicht mehr verkaufen. Womöglich kennen Sie Ihre Maschinenpopulation. Instandhalter setzen statt dessen auf zugeordnete Assets:
die ist in beiden Fällen Null
Auf der Basis Ihrer Ersatzteillisten bzw. Ersatzteil-Bücher können Sie damit ableiten, ob es überhaupt noch eine Verwendung geben könnte.
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Ende des Ersatzteil-Lebenszyklus: EoS
Falls es keine Verwendung mehr gibt:
Der End-of-Service ist erreicht. Jetzt geht es für Sie an die Bestands- und Daten-Bereinigung.
Daneben existiert der erzwungene End-of-Service. Durch Abkündigung eines Lieferanten kommt es genau für dieses Ersatzteil zu einer Obsoleszenz .
In unserer schnelllebigen Zeit kann dies insbesondere im Bereich der Elektronik auftreten. Dort finden wir Lebenszyklen, die drastisch unter denen des Maschinen- und Anlagenbaus liegen.
Zu guter Letzt kennen wir noch die ungeplanten Ersetzungen. Zum Beispiel wegen eines sicherheitsrelevanten Updates. Auch hier ist sofort Schluss mit dem ersetzten Teil.
Keine ewige Lieferverpflichtung für Ersatzteile
Immerhin stellt die IHK Heilbronn in ihrem lesenswerten Merkblatt zur Ersatzteilversorgung einiges zur Pflicht der Ersatzteil-Versorgung fest. Nämlich, dass es in Deutschland keine gesetzlich explizit genannte Verpflichtung gibt. Zumindest nach Ablauf der gewöhnlichen Nutzungsdauer gibt es keine Pflicht, Ersatzteile für die Instandhaltung der verkauften Objekte bereitzuhalten. Eine solche Pflicht leite sich aus dem Grundsatz von Treu und Glauben ab.
Da eine IHK allerdings noch lange kein Maß für derartige juristische Fragen ist, hier noch ein Abschweif zum OLG Frankfurt. Das hat 2019 eine Berufung abgewiesen mit dem Tenor:
"Eine Norm, die eine Verpflichtung des Herstellers oder Importeuers gegenüber dem Endverbraucher begründet, für die gesamte Lebensdauer der Ware Ersatzteile vorzuhalten, findet sich weder im deutschen Recht noch im EU-Verbraucherrecht."
Doch wenn sowieso kein Bedarf mehr besteht, wie bei EOS, wird die Zufriedenheit Ihrer Kunden nicht tangiert. So weit zu einer etwaigen Lieferpflicht heute.
Hinweis: dies ist keine Rechtsberatung
Ökologie und Ersatzteile: ein unerwarteter Ansatz
Doch seit 2021 ist einiges anders geworden. Denn mit der Ökodesign-Richtlinie der EU ist es zumindest in einigen wenigen Produktbereichen zu Änderungen gekommen. Ersatzteile dafür müssen mindestens sieben Jahre lang verfügbar sein, nachdem das letzte Gerät des jeweiligen Modells auf den Markt gekommen ist. Betroffen sind vor allem Elektrogeräte. Wegen des großen Volumens stehen bisher allerdings eher haushaltsnahe Geräte im Vordergrund.
Für alle anderen Ersatzteile legen Sie ja weiter die Basis für die überaus profitablen Margen im Ersatzteilgeschäft. Durch eine exzellente Ersatzeilversorgung.
Was das konkret bedeuten kann, zeigt Geberit für den Bereich der Sanitär-Industrie. Geberit garantiert für das Spektrum an austauschbaren mechanischen Teile eine Liefergarantie von 50 Jahren.
Warum überhaupt den End of Service betrachten?
Sie wollen Platz schaffen im Lager. Alleine daraus kann schon genug Druck entstehen, die Ersatzteilbestände aktiv zu senken. Wenn Sie externe Läger anmieten mussten oder wenn Sie Ihr Ersatzteillager durch einen Kontrakt-Logistiker betreiben lassen, können Sie sofort die operative Kosten beim Dienstleister senken.
Auf der finanzwirtschaftlichen Schiene unterstützt eine Verschrottung Ihre Wertberichtigungen. Nur so rechtfertigen Sie Ihre Abschreibungen auf Ersatzteil-Bestände. Die positive Kehrseite dieser Medaille lautet:
Verschrottungen auf wertberichtigte Ersatzteile erfolgen ergebnisneutral
Als "Neben-Effekt" erhalten Sie bei EoS die Chance, Ihre zukünftige Datenpflege zu reduzieren. Denn bei End-of-Service setzen Sie den Status der Materialstämme entsprechend. Danach verbietet Ihr ERP eine manuelle Datenpflege (hoffentlich). Eine maschinelle Pflege schließen Sie für solche Ersatzteile aus.
Daneben können technische Gründe für eine Verschrottung sprechen:
- bestimmte Rohstoffe werden verboten,
- das Ende der Haltbarkeit wird erreicht (Ablaufdatum, fehlende Konservierung),
- Obsoleszenz: es gibt keinen Lieferanten mehr,
- es ist kein Werkzeug mehr zur Bearbeitung vorhanden (bei Rohmaterial).
Verschrottung - was weg ist, ist weg
Machen Sie es sich zur Regel:
Einmal im Jahr wird verschrottet
Damit reduzieren Sie Ihren Lagerbestand. Gleichzeitig verringern Sie die Zahl zu pflegender Artikel.
Sie müssen auf eine Verschrottung nicht zwingend die vermeintlichen 10 Jahre warten. Bei entsprechender Regelmäßigkeit kommt auch eher Routine bei der Datenpflege auf.
Wenn Sie bei der Verschrottung genau die dafür vorgesehene Buchungsart verwenden, herrscht auch später jederzeit Transparenz. Leider sind solche Einzelbuchungen oft mit erheblichem manuellem Aufwand verbunden.
Beim Einsatz automatisierter Anlagen kann es vorkommen, dass selbst die Auslagerung separat gebucht werden muss. Eleganter ist da die Erstellung eines Lieferscheins. Hier arbeiten Sie bis zur "Auslieferung" im Standard. Allerdings mit einige Haken:
- in der Buchhaltung kommt ein Materialverbrauch an statt einer Verschrottung,
- die Ausgangsbuchung erzeugt einen "Verbrauch", der womöglich eine Nachbestellung anstößt,
- ein "Kunde" weist Absatz aus, jedoch keinen Umsatz. Dadurch verzerren die Margen.
Nachdem Sie ausgelagert und abgebucht haben, sind Sie nicht fertig. Denn auch Schrott bringt Geld. Ihnen, indem Sie zum Beispiel Stahlschrott verkaufen. Oder pfiffigen Schrotthändlern, die Ihre Teile in einen grauen Markt einbringen. Deshalb sollte Sie Verschrottetes zerstören oder zumindest eindeutig kenntlich machen.
Auch eine Teil-Verschrottung entlastet
Wenn wir schon einmal bei Verschrottungen sind: bei vielen für den selben Ersatzteil genutzten Stellplätzen können Sie Ihr Lagervolumen natürlich auch reduzieren. Gerade in der langen Phase nach End-of-Production (EoP) liegt hier zumindest für das Lager eine Chance.
Gleiches gilt bei
- Mehrfach-Varianten ohne Funktionsunterschied, z.B. wegen der Farben,
- Variantenteilen, deren Bestände Sie auf die längste Länge reduzieren,
- Beschränkung auf nur noch eine Qualität statt mehrerer.
Einig ist diesen Verfahren, dass Sie sie durch Ersetzungen flankieren müssen.
Im Konzernverbund konzentrieren Sie Bestände auf einen einzigen Standort. Durch ein virtuell gepooltes Lager können die Lagerleichen durchaus auch dezentral verbleiben. Dadurch verursachen Sie dann keine unnötigen operativen Kosten.
Doch das waren jetzt alles Neben-Kriegsschauplätze. Denn eigentlich geht es ja um EOS.
Stammdaten bei EOS glattziehen
Natürlich hängen Verschrottung und Stammdaten-Anpassungen zusammen. Allerdings nur bedingt. So lassen sich in der Regel Ersatzteile erst dann auf die eine oder andere Art inaktiv setzen, wenn es keine Bestände mehr gibt.
Was in verteilten EDV-Systemen nicht immer einfach zu ermitteln ist
Bei End of Service stellen Sie auch durch die Stammdaten sicher, dass
- nicht (nach-)bestellt wird,
- keine Retouren mehr angenommen werden,
- keine Kundenaufträge mehr angenommen werden,
- die kommunizierte Preisliste bereinigt wird,
- eine Datenpflege eingestellt wird.
Damit ist nicht nur ein Materialstatus zu pflegen, sondern gleich eine Fülle weiterer Datensätze. Und zwar in umgekehrter Reihenfolge: erst die Beschaffungsstammdaten (z.B.), dann der Materialstatus. Sonst laufen Sie Gefahr, nachgelagerte Daten eben nicht mehr pflegen zu können.
Daher ist es sinnvoll, die zu pflegenden Tabellen aufzulisten. Dazu kommen die anzupassenden Felder. Das Master Data Management kann damit ganz in Übereinstimmung mit ISO 9000 Verfahrensanweisungen erstellen, die den Prozess nachvollziehbar vorgeben.
Ersetzungen als vorzeitiges Aus
Dieser Punkt ist hier eigentlich nur der Vollständigkeit wegen erwähnt. Schließlich gibt es zu Material-Ersetzungen einen eigenen Beitrag. So geht es hier lediglich darum, auf die Notwendigkeit einer Bestandsbereinigung hinzuweisen. Oft liegt der Bestand eines ersetzten Artikels über Jahre am Lager. Dadurch steigt dessen Wert allerdings nicht. Er kostet nur, zumal, wenn er bei einem Dienstleister liegt. Nur entschlossenes Handeln
- Verschrottung,
- Rückgabe an den Lieferanten,
- Umbau
entlasten das Lager (und das Gewissen). Sonst fragt eines Tages womöglich erst ein Wirtschaftsprüfer, was es mit den hohen toten Beständen auf sich hat.
Alternativen zur Verschrottung
Rückgabe zum Lieferanten als einfachste Lösung
Ja. Dieser Ansatz ist eigentlich zu einfach. Den meisten Mitarbeitern ist er peinlich. Doch wer nicht fragt, hat schon verloren. Manchmal ist ein Lieferant sogar erfreut, wenn er alte Artikel zurückkaufen kann. Schließlich könnte er andere Kunden haben, die er bisher nicht mehr hat bedienen können. Das kann sogar für angebrochene Einheiten gelten. Denn warum sollte Ihr Lieferant 500 exotische Schrauben selbst beschaffen, wenn nur 50 benötigt werden?
Der "Last Call" an Kunden - doch nicht ganz End of Service
Sie haben die Maschinenpopulation geprüft. Und die Teileverwendung. Eigentlich kann niemand mehr die Ersatzteile bei End of Service gebrauchen. Und doch gibt es immer wieder diese Grauzone. Zum Beispiel, wenn Maschinen sonst wo in der Welt weiterarbeiten.
Wenn Sie die Kunden mit einer Abkündigung / End-of-Live-Notification anschreiben, die zuletzt eine Maschine oder Anlage eingesetzt haben, könnten Sie Glück haben. Könnten, wohlgemerkt. Gönnen Sie potenziellen Kunden dabei ruhig etwas Zeit.
Schon aus Gründen der Bestandsreduzierung bieten sich solche Last Time Buy Angebote (LTB) an. Allerdings schon lange vorher.
Denn warum wollten Sie warten, bis Ihre Chance für einen Verkauf Null ist?
Als Alternative zur individuellen Information Ihrer Kunden bieten sich zwei Methoden an:
- Obsoleszenz-Datenbanken: dieses Vorgehen setzt allerdings voraus, dass auch Ihre Kunden solche Methoden des Obsoleszenz-Managements unterstützen.
- Banner-Werbung: nutzen Sie Ihre elektronischen Kanäle, um per Banner-Werbung oder auch im Shop über eine explizite Reste-Rampe zu verkaufen. Voraussetzung hierfür ist allerdings ein äußerst schlanker Prozess. Sonst werfen Sie dem schlechten Geld noch gutes für die Werbung hinterher. Klar sein sollte aber eines: das Enddatum Ihres Angebots.
Unerwartete Verwendungen
Manchmal sind Kunden aber auch pfiffiger, als wir das erwarten. Dann bauen Techniker gerade in Ländern der 3. Welt aus Ihrem Schrott Brauchbares. Auch wenn Sie nicht damit gerechnet haben. Es gibt eben in dieser Welt nicht nur die EU mit ihren hohen Anforderungen an Perfektion. So viel zum End of Service ...
Demontage / Umbau statt End of Service
Bevor Ersatzteile "in der Tonne" landen, sollten erfahrene Mitarbeiter noch einmal 'drüber schauen. Manchmal sehen diese die Zusammenhänge, die im Büro einfach fehlen. Dann kommt es vor, dass einfaches Ablängen aus einem Schrott-Teil etwas Gängiges macht. Oder dass die Demontage Ersatzteile mit einer hohen Gängigkeit erzeugt. Dummerweise fallen solche Ansätze vor der Verschrottung dem hektischen Alltag zum Opfer. Wir stecken eben sehr viel mehr Aufwand in die Neu-Entwicklung als in die Reste-Verwertung.
Das ist auch nichts, was in operativen ERP-Systemen unterstützt würde. Bei End of Service sterben Artikel nun einmal einen leisen Tod.
Verkauf an Händler auf kg-Basis
Kennen Sie die Händler, die
- Ihre unbrauchbaren Ersatzteile kaufen,
- Ihnen eine Rückkaufgarantie geben,
- und ansonsten auf eigene Rechnung versuchen, aus solchen Ersatzteilen Geld zu machen?
Nein?
Sollten Sie aber
Denn letztlich handelt es sich um Ihre Chance, auch mit Schrott noch außerordentliche Erlöse zu erzielen. Natürlich sind solche Händler vornehmlich am dritten Punkt interessiert. Wenn Sie also hochwertige Maschinenbau-Teile (Pumpen, Motoren, Lager, ...) loswerden wollen, sollten Sie vor der Verschrottung den Markt prüfen.
Hier gelten allerdings die gleichen Anmerkungen, wie schon zur Verschrottung per Lieferschein. Es handelt sich jetzt um einen Verkauf, mit allen Konsequenzen für die Disposition.
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Andreas.Noll@no-stop.de