Überbestände, Lagerleichen, Ladenhüter im Ersatzteillager

Das Ersatzteillager ist voll, die Staubschicht kaum zu übersehen. Denn hier treiben 3 Zombies ihr Unwesen und füllen die Regale:
- Überbestände,
- Ladenhüter
- Lagerleichen.
Jetzt fehlt nur noch, dass das Controlling als Ghostbuster auftritt. Das passiert, weil Ihre Wertberichtigungen steigen. Also ist dringend Handeln angesagt.
Doch wo wollen Sie anfangen, wenn Ihre Ersatzteilversorgung über Jahre gesichert sein soll?
𝗦𝗲𝗶𝘁𝗲𝗻𝗶𝗻𝗵𝗮𝗹𝘁 (aufklappbar)
ToggleDas zugehörige Whitepaper finden Sie am Ende dieses Beitrags
ad-hoc-Maßnahmen bereits erforderlich?
Wenn Ihr Lager überquillt, ist klar: jetzt müssen Sie handeln. Das gilt auch, wenn Ihre Überbestände Thema auf oberster Ebene sind. Das kommt vor, wenn Wertberichtigungen unerwartet das Jahresergebnis torpedieren.
Im ersten Fall handelt es sich "nur um die Logistik"
Dagegen bringt Ihnen ein schlechter Jahresabschluss Hektik und Management Attention gleichzeitig. Dabei ist die Bestandssenkung von Ersatzteilen eines. Damit befassen sich einige Beiträge dieser Website.
Der Abbau Ihrer Überbestände ist jedoch ein zähes Geschäft. Hektik hilft Ihnen dabei wenig. Es schadet jedoch auch nicht, wenn Sie die Priorität hierauf lenken.
Ladenhüter von Überbeständen und Lagerleichen trennen
Gemäß Wikipedia steht Ladenhüter für schlecht verkäufliche Ware. Und das war es dann schon.
Ich erlaube mir eine eigene Definition:
Ladenhüter stehen für Restmengen von Aktionsware
(zumindest im Ersatzteilgeschäft)
Damit handelt es sich nicht um gewöhnliche Ersatzteile. Meist ist es Zubehör. Es können auch Artikel aus dem Merchandising-Sortiment sein. Daher lässt sich solche Ware mit etwas Werbung auch abverkaufen. Hierbei unterstützt ein intelligentes Ersatzteil-Pricing. Denn nichts ist unsinniger als Aktionsware, die versehentlich mit einem Ersatzteil-Preis daherkommt.
Was also spricht gegen eine Abverkaufsaktion?
Aus früheren Aktionen kennen Sie vermutlich bereits ehemalige Kunden. Die können Sie kontaktieren. Oder diesen Kundenkreis verallgemeinern und so ausweiten.
So viel zu Ladenhütern bzw. Lagerhütern.
Bestandsanalyse: Überbestände und Lagerleichen finden
Bevor Sie in Aktionismus verfallen, machen wir zunächst einen Schritt zurück. Dabei hilft es, wenn wir Überbestände und Lagerleichen definieren:
- Lagerleichen: Ersatzteile, die in einer definierten Vergangenheit (oft 12 Monate) überhaupt keinen Verbrauch hatten,
- Überbestände: Ersatzteil-Bestand, der über die geplante Bestandsmenge hinausgeht. Danach sind Lagerleichen lediglich eine Teilmenge von Überbeständen.
In der Lagerlogistik kommt ein weiterer Aspekt hinzu. Denn im Gegensatz zur Materialwirtschaft müssen Bestände hier zur Lager-Infrastruktur passen. So können Überbestände zur Überfüllung einzelner Lagerbereiche führen.
Hinweis:
Sie finden auf dieser Webseite einen eigenen Beitrag zur Bestandsanalyse.
Reichweite als Kennzahl für Überbestände
Mit einer Analyse der Reichweiten des Ersatzteil-Bestands erschlagen wir Überbestände und Lagerleichen gleichermaßen. Hierzu nutzen wir den Lagerbestand auf Ebene der Materialnummern. Zusammen mit den Lager-Werten und den bewerteten Verbräuchen (Costs of Sales oder Costs of Goods Issued) können wir eine Tabelle wie hier gezeigt aufbauen.
Im Beispiel habe ich eine Wert-Klassifizierung hinzugefügt. Das erlaubt in der Folge die Bildung von Clustern.
Reichweiten-Übersicht über den Ersatzteil-Bestand
Obwohl diese Tabelle bereits die meisten relevanten Daten enthält, ist sie doch etwas sperrig. Denn bei über 10.000 Bestandspositionen fällt eine Priorisierung schwer. Aber es gibt ja Excel. Damit gelingt die Fokussierung auf die relevanten Ersatzteile. In der Prinzipskizze unten sehen Sie einen schematischen Ansatz hierzu. Die gezeigten Grenzen sind allerdings von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich. Daher macht es durchaus Sinn, sich für eine praktikable Umsetzung auf Beratung zur Bestandsoptimierung zu stützen.
Überbestände und Lagerleichen im Ersatzteil-Bestand
Letzte Bewegung: hilfreiches Datum im Lager zur Ermittlung von Überbeständen
Statt der Reichweite können Sie auch ein Datum nutzen. Oft findet man im ERP auch den letzten Verbrauch zum Bestand. Außerdem kann im Lagerverwaltungssystem so ein Datum gepflegt sein. Das findet sich manchmal sogar auf Ebene des Stellplatzes, Behälters oder der Charge. Damit eignet es sich in der Lagerlogistik ausgezeichnet für eine Wegeoptimierung. Denn auch in chaotisch organisierten Lägern gibt es Zonen nach Gängigkeit. Damit verschwinden Überbestände, Lagerleichen und Ladenhüter zum Beispiel im Außenlager.
Das Schema unterlegen wir mit konkreten Bestandsdaten. In den nächsten Tabellen sehen Sie zum einen die Zahl der Ersatzteile je Cluster. Zum anderen wird das gebundene Kapital abgebildet. Wertberichtigungen berücksichtigen wir dabei nicht.
Den Elefanten in kleinen Scheiben verspeisen:
aus über 12.000 Ersatzteilen durch Segmentierung handhabbare Gruppen finden
Mit dem vorab definierten Schema für Überbestände (hier hellgrau unterlegt) zeigt sich das ganze Debakel. Das kann jedoch nicht davon ablenken, wo die großen Hebel sitzen. Denn in den Fußzeilen sehen Sie die Summen dazu. Die Kombination aus der Anzahl Ersatzteile und deren Wert gibt Aufschluss, wo Sie anfangen:
- lediglich 70 extrem teure Lagerleichen stehen für 5 % des gesamten gebundenen Kapitals,
- weitere 113 extrem teure Ersatzteile stehen für 14 % des gesamten gebundenen Kapitals.
Allerdings zeigt die Auswertung auch, dass jedes der extrem teuren Teile als Überbestand im Lager liegt. Also steht neben der Behebung des Überbestands auch die Optimierung der Lagerreichweite an.
Immerhin:
mit diesen 183 Teilen kann man zumindest einmal anfangen.
Ungleiche Verteilung des in Überbeständen gebundenen Kapitals in den Segmenten
Sonderbestände wegen Lebenszyklus aus Bestandsreichweite herausrechnen
Bisher haben wir uns nur auf sehr einfach ermittelbare Parameter gestützt. Es gibt jedoch auch Ausnahmen, weswegen nur ein vermeintlicher Überbestand existiert.
Zu nennen sind insbesondere
- Allzeit-Bestände, um Bedarfe nach End of Production (eop) decken zu können,
- Initial-Bestand bei Serien-Start (Start of Production, sop),
- saisonale Eindeckung (z.B. Winter-Ausrüstung) mit geringem Absatz bei der Analyse.
Mindestens den Lebenszyklus sollten Sie aus dem Material-Status ablesen können. Hierdurch können Sie die Reichweiten-Analyse verfeinern. Darüber hinaus hilft oft genug auch ein manueller Eingriff bei Ersatzteilen mit einem Sonderstatus.
Maßnahmen gegen Überbestände
Mit der Analyse ist es nicht getan. Sie hilft lediglich dabei, Übersicht zu gewinnen. Im Fall oben ist das Urteil allerdings vernichtend. Gerade einmal 6 % aller gelagerten Ersatzteile weisen keinen Überbestand auf. Um die Ersatzteile mit Überbestand (52,3 % aller Teile) und die Lagerleichen (41,3 % aller Teile) anzugehen bieten sich 3 Ansätze an:
- Abverkauf an bekannte Kunden,
- in einem Ersatzteil-Pool anbieten,
z.B. bei Ersatzteilen für die Landwirtschaft bei BartsParts, - Umbau, Zerlegung der extrem teuren Lagerleichen
(danach die hochpreisigen Lagerleichen), - Anpassung der Dispodaten bei den bewegten Ersatzteilen und dabei den Sicherheitsbestand auf null setzen
(startend mit den extrem teuren Teilen) - Überprüfung, warum in der Vergangenheit diese Bestände überhaupt aufgebaut wurden
(Ursachen jenseits der operativen Disposition, zum Beispiel Bestandsübernahmen aus dem Produktionslager bei Serienauslauf).
Da Sie auf eine strukturierte Ersatzteilbevorratung nicht verzichten können, dürfen Sie also nicht einfach nicht mehr einkaufen.
Als Arbeitsgrundlage für Punkt 1 dient wieder die ursprüngliche Liste, gefiltert auf das relevante Segment:
Priorität 1 der Maßnahmen im Ersatzteil-Bestand: extrem teure Lagerleichen
Bestandssenkung beschleunigen
Es gibt einen Aspekt, den wir bisher nicht beleuchtet haben:
die Geschwindigkeit der Bestandssenkung.
Wenn wir vom Ende der Lagerleichen kommen wird es offensichtlich: ohne Verbrauch sinkt der Lagerbestand überhaupt nicht. Die Reichweite selbst ist hier nur bedingt aussagefähig. Deshalb kommt ein weiterer Parameter, nämlich die Ersatzteil-Klassifizierung, ins Spiel. Mit der Gängigkeit wird die Häufigkeit der Bedarfe beschrieben. Dabei bleibt das Volumen der Bedarfe unberücksichtigt. Denn das steckt bereits in der Reichweite.
Über eine zusätzliche Verfeinerung der Selektion wissen wir jetzt außerdem, welche Ersatzteile regelmäßig abfließen. Nur hier haben wir die Chance, zügig den Bestand zu senken. Damit sind wir allerdings bei den üblichen Kriterien für die Disposition angelangt. Änderungen der Dispo-Parameter in diesen Teile-Segmenten sind die eigentlichen Ghostbuster gegen Überbestand.
Im Ersatzteillager: Bereinigung, Verdichtung, Entlastung
Das Ersatzteillager als Teil der physischen Logistik hat nur selten Einfluss auf Überbestände und Lagerleichen. Trotzdem müssen die Lagerprozesse effizient laufen. Daraus resultieren 2 Ansatzpunkte:
- vorhandene Lagerkapazität gut nutzen, zum Beispiel durch Bestands-Verdichtung,
- durch geschickte Einlagerung die Wegezeiten minimieren.
Gerade bei Lagerleichen stellt sich die Frage, ob eine früher einmal sinnvolle Lagerorganisation beibehalten werden soll. So kann die Zusammenlagerung von ehemals getrennten Chargen Lagerfächer freimachen. Gleiches gilt, wenn die Größe kleiner Lagerbehälter noch auf frühere Verbräuche ausgelegt ist. Die Konzentration in einer Gitterbox oder auf Palette kann dann Entlastung für ein Fachbodenlager bringen. Das gilt besonders, wenn sehr viele Stellplätze betroffen sind. Noch stärker verdichtend wirkt die Zusammenlagerung verschiedener Uralt-Ersatzteile auf einem Stellplatz. Hier müssen Sie lediglich für den Fall der Fälle eine fehlerfreie Kommissionierung durch entsprechende Kennzeichnung sicherstellen.
Wegezeiten dominieren die Durchlaufzeit und die Kommissionierdauer in praktisch jedem Lager. Durch eine Zonierung nach Gängigkeit legt man selten benötigte Artikel in die entfernten Winkel des Lagers. Dies gilt meist auch für Automatisierung mit Ware-zum-Mann Kommissionierung. Lagerlifte sind hiervon jedoch kaum betroffen. Im Extremfall wird ein separates Slow-Mover Lager angemietet. Das entlastet sowohl von schlecht genutzter Lagerkapazität wie auch zu langen Wegen.
Jede dieser Maßnahmen ist ein Beitrag zur Kostensenkung. Dies gilt in besonderem Maß deshalb, weil Personalkosten den größten Teil aller Kosten-Bestandsteile stellen.
Überbestände, Ladenhüter und Lagerleichen bekämpfen
Controlling:
Überbestände im Dashboard
Den hier beschriebenen Prozess der Bestandsoptimierung können Sie weiter vereinfachen. Basis hierzu bilden aussagefähige Daten der Ersatzteil-Klassifikation einerseits. Damit reduzieren Sie die Zahl der zu prüfenden Kandidaten.
Andererseits müssen Sie sich bewusst machen, dass die Vermeidung von Überbeständen eine Daueraufgabe darstellt. Damit gehören einige Kennzahlen des Bestandsmanagements in Ihr Dashboard. Diese Informationen können Sie aus Software zur Disposition, einem Data-Warehouse oder einfach aus Excel ziehen. Entscheidend ist, dass jeder im Team die Daten versteht und das tagtägliche Handeln darauf ausrichtet.
Daneben ist ein Lager-Dashboard ohnehin Pflicht. Denn im Lager kann ein unerwartetes "Überlaufen" Auswirkungen bis zum Stillstand haben.
Download Whitepaper zum Umgang mit Überbeständen, Lagerleichen, Ladenhütern
Sie können diesen Beitrag über zu hohe Ersatzteilbestände hier als pdf herunterladen
sofortiger Download
ohne Ihre Daten
Sie wollen Ihren Bestand und die Verfügbarkeit Ihrer Ersatzteile auf Vordermann bringen?
Ein externer Blick auf Ihre Service Supply Chain deckt Schwachstellen nicht nur auf. Gemeinsam setzen wir bei Ihnen die Verbesserungen auch um.
Warum also nehmen Sie nun nicht einfach unverbindlich und kostenlos Kontakt zu mir auf?
Denn Sie setzen dann auf einen erfahrenen Berater für Materialwirtschaft in der Ersatzteillogistik. Gemeinsam können wir effektive Beschaffungs-Prozesse einführen. Und auch die Prozessoptimierung steht auf Ihrer Agenda.
Andreas.Noll@no-stop.de