After Sales Service zur Kundenbindung im Maschinenbau
Nach dem Verkauf der Maschine ist vor dem Verkauf von Dienstleistungen und Ersatzteilen. Während die Maschine ausgeschrieben wird, entziehen sich die Produkte des After Sales Service meist eines klaren Umfangs.
Hier sehen wir interessante Spielräume für die Preisgestaltung
Das alleine wäre jedoch zu einseitig. Denn auch der Kunde profitiert von modernen Ansätzen von After Sales und Service.
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Reparaturen sind nur ein Teil des After Sales Service
Klassisch hat die Investitionsgüter-Industrie seit jeher nach dem Maschinen-Kauf Ersatzteile zumindest angeboten. Oft genug wurde dabei jedoch auch gleich der Original-Hersteller genannt. Damit hat man sich der lästigen Themen wie Verfügbarkeit und kurzer Durchlaufzeit entledigt. Doch dadurch wurde so manche Chance vertan, um den Umsatz zu steigern.
Die Welt hat sich seit einigen Jahren deutlich weiterentwickelt. Denn nicht nur die elektronische Maschinen-Überwachung ist hinzugekommen.
Auch Verlagerungen des gebundenen Kapitals zum Hersteller sind im Trend:
- "einfaches" Leasing,
- Full-Service-Leasing
- Pay-per-Use,
- bis hin zu Betreibermodellen
ergänzen das Geschäftsmodell des Maschinen-Verkaufs. Damit einher geht der Rollenwechsel des After Sales Service vom margenträchtigen Zusatzgeschäft zum Kostenfaktor.
Elemente von After Sales und Service im Maschinenbau
Machen wir zunächst einen Schritt zurück. Welche Elemente des After Sales Service in der Investitionsgüterindustrie kennen wir. In der nächsten Grafik sind die wesentlichen Elemente zu sehen:
Wie schon die Bezeichnung After Sales Service vermuten lässt, handelt es sich sowohl um verkäuferische Elemente (hier besonders der Ersatzteilverkauf) und Dienstleistungen durch den Service (früher: Kundendienst). Je nach Gebiet ist der Anteil von Verkauf und Dienstleistung jeweils stark unterschiedlich.
Dabei verlangen Dienstleistungen, wie die Nachrüstung von Maschinen-Optionen und Retrofits nicht nur nach einer hohen Beratungskompetenz des Servicetechnikers. Auch die Datentransparenz muss vorhanden sein, um die Kunden vorteilhaft für beide Seiten zu bedienen.
Ähnliches gilt für die Einrichtung von Konsignationslägern bei Kunden:
ohne eine profunde Kenntnis zum Einsatzfall, die Kritikalität und Gängigkeit von Ersatzteilen besteht die Gefahr, lediglich die Kapitalbindung zu erhöhen. Und das, ohne dass Ihr Kunde etwas davon hätte.
Konzepte für den Auf- und Ausbau des After Sales Service
Die Vielfalt der Möglichkeiten verlangt nach einer Fokussierung, wenn es um den Auf- und Ausbau geht. Denn Sie müssen sich nicht nur personell entsprechend aufstellen. Auch die Prozesse müssen konzipiert und im ERP hinterlegt sein.
Dabei ist es nicht so, dass eine (neue) Konzeption des After Sales Service nur auf Begeisterung stößt. Oft genug fehlt das Verständnis, gerade im Vertrieb. Das liegt nicht zuletzt daran, dass
- es sich um andere Kunden handelt (auch wenn die Firma gleich ist),
- die mit völlig anderen Produkten bedient werden,
- und sich dazu einer eigenständigen Logistik bedienen.
Hinzu kommt ein Pricing, das wesentlich weniger vom Wettbewerb geprägt ist. Dafür muss die gewählte Preisgestaltung mit einer meist schwierigen Stammdatenbasis klarkommen.
Da die einzelnen Elemente des After Sales Service eine höhere Häufigkeit als das Primärgeschäft aufweisen, ist deren Abbildung im ERP unerlässlich. Dies muss jedes Konzept berücksichtigen.
Ohne Transparenz in Lieferketten und Dienstleistungsabläufen kann daher das Nachkauf-Geschäft nicht existieren. Trotzdem wird immer wieder versucht, die Prozesse lediglich in Excel abzubilden. Dieser Ansatz ist jedoch weder fehlerarm noch revisionssicher. Dabei existiert doch eine wahre Flut an Software für das Ersatzteilmanagement.
Hinzu kommt die Einbindung aller Elemente in eine unternehmerische Gesamtstrategie. Ohne ein buy-in durch das Top-Management wird daher der Auf- und Ausbau des After Sales Service nicht gelingen: Sie erreichen Ihren After Market nur eingeschränkt.
Konzeptionell geht es dabei um Fragestellungen, wie
- welche Sicht haben die Kunden über den gesamten Lebenszyklus der Maschine oder Anlage?
- welche Potenziale ergeben sich daraus für die einzelnen Elemente?
- gibt es auch Marktpotenzial jenseits des eigenen Primärprodukts?
- welcher internationale Rollout ist überhaupt realisierbar?
- wie ist die Wettbewerbssituation?
- ist das Geschäftsmodell angesichts der Digitalisierung mittelfristig voraussichtlich tragfähig?
Kundenbindung erhöhen
In den meisten Elementen des After Sales Service steckt Potenzial zur Kundenbindung. Denn die Chancen, nahtlose Kundenerlebnis zu gestalten, sind für den Anbieter von Maschine oder Anlage besser als für Wettbewerber. Wobei mit der Entfernung, räumlich und auch mental, die Anforderungen steigen. Trotzdem ist es gerade der Hersteller einer Maschine, der ideale Voraussetzungen für Reparaturen, Nachrüstungen, Retrofits mitbringt. Auch die Einbindung der Maschine in eine datengestützte Infrastruktur (Ersatzteilkatalog, Plattform, zwingend erforderliche Aktivierungscodes, o.ä.) sollte heutzutage eine Steilvorlage für die Vertiefung der Kundenbindung darstellen.
Dort, wo die IT-Integration (noch) nicht so weit ist, müssen Mitarbeiter die Kundenbindung im After Sales Service sicherstellen. Und zwar von der ersten Stunde an. Das notwendige Rüstzeug erhalten Mitarbeiter durch ein passendes Vertriebstraining.
Call-Center werden solchen Anforderungen meist nur theoretisch gerecht. Trotzdem kann ein Outsourcing des aktiven Dialogmarketings Sinn machen.
Dabei sind die Ansatzpunkte auf der Customer Journey durchaus vielfältig:
Globaler Auftritt des After Sales Service
Im Jahr 2024 ist die Aufteilung des klassischen Maschinen-Umsatzes noch wie folgt:
- 60 - 70 % Deutschland,
- 20 - 30 % EU und Rest-Europa,
- max. 10 % Rest of the World.
Damit ist Deutschland immerhin lange Export-Weltmeister gewesen. Das betrifft jedoch nur das Primär-Geschäft. Die Erbringung von After Sales Service gestaltet sich da schon etwas schwieriger. Übrigens für alle Markt-Teilnehmer. Denn mit der Entfernung und auch mit Sprach-Barrieren dauern Dienstleistungen und selbst Express-Belieferungen nicht nur länger. Die notwendige Qualität ist auch deutlich schwieriger zu halten.
Aber:
das gilt eben für alle Markt-Teilnehmer. Sofern sie nicht im Land selbst zuhause sind.
Damit treten schnelle Lieferketten und reibungslose Beschaffungswege in den Fokus. Hierzu gehört es auch, statt einzelner Zolltarifnummern für Maschinen eine wahre Flut für Ersatzteile verwalten zu können. Und diese dann natürlich auch korrekt anzuwenden.
Außerdem sind gerade für die schnelle internationale Belieferung die Regeln für Luftfracht zu beachten.
Klar ist:
das alles geht ohne entsprechende Fachkenntnisse nicht. Natürlich können Sie bestimmte Prozessschritte outsourcen. Aber gerade, wenn es um schnelle Abläufe geht, dürfen Zeitverluste dadurch nicht entstehen.
Beispiel: Einsatz von Service-Technikern mit Werkzeugen und Ersatzteilen im Ausland
Schon in der EU sind die Anforderungen für Erbringung von Dienstleistungen hoch. (Kranken-) Versicherungen sind nachzuweisen, oft auch arbeitsvertragliche Regelungen. Dahinter treten Warenlieferungen in den Hintergrund.
Diese erschweren jedoch bei Reparaturen außerhalb der EU den After Sales. Denn in der Regel fällt beim Import Zoll an. Es sei denn, der Re-Export wird schon bei der Einreise entsprechend deklariert. Hierzu ist umfassendes Zollwissen erforderlich und muss sich in den Deklarationen niederschlagen.
Kennzahlen messen den Erfolg von After Sales und Service
Jedes Element des After Sales Service steht für ein eigenständiges Geschäftsmodell. Daher muss sich jedes Modell auch messen lassen. Denn ohne Erfolgskontrolle würde das Bauchgefühl dominieren.
Daher gehören zu allen Teilen mindestens die betriebswirtschaftlichen Kennzahlen
- Umsatz,
- Kosten,
- Marge oder Deckungsbeitrag 1
- Kapitalbindung (in der Regel der Bestand + gelieferter, aber noch nicht fakturierter Auftragsbestand).
Die alleine werden jedoch nicht reichen.
Auch die absolute Höhe dieser After Sales Service KPIs ist nur bedingt aussagekräftig. Das wird besser, wenn Zeitreihen den Verlauf dieser Kennzahlen veranschaulichen. In großen Organisationen übernimmt das Controlling die Ermittlung. Dann können Lösungen wie das Kundendienstcontrolling auf moderner IT-Basis schnell aussagefähige Kennzahlen ausspucken.
Wenig verwunderlich ist allerdings Excel gerade im Mittelstand Mittel der Wahl.
Für zusätzliche Transparenz sorgen insbesondere Teilmengen der Gesamt-Werte. Das kann bei den Umsätzen die regionale Aufteilung sein, oder auch Mitarbeiter des Ersatzteil-Vertriebs.
Service Level Agreements anwenden
Die weiteren Kennzahlen ergeben sich aus qualitativen Anforderungen. Es hilft, wenn Sie diese im Rahmen von Service Level Agreements fixieren. Dabei muss diese Vereinbarung (Agreement) nicht unbedingt mit Ihren Kunden abgeschlossen sein. Gerade zu Anfang handelt es sich eher um Ziele, die Sie intern miteinander vereinbaren. Beispiel für solche SLAs sind
- die maximal zulässige Bearbeitungs- oder Durchlaufzeit,
- die first-time-fix-Rate bei Reparaturen,
- Verfügbarkeit und Liefertreue,
- die Retouren-Quote, die auf Falschlieferungen beruht,
- eine Garantiequote, die den Wert der Garantie-Zahlungen mit dem Umsatz ins Verhältnis setzt,
- eine Angebots-Quote, mit der verglichen wird, wie viele Angebote zu Aufträgen werden,
- die Zahl an Beschwerden.
Natürlich ist dies nur ein Auszug aus einer beliebigen Fülle an Kennzahlen des After Sales.
Die Krönung solcher qualitativen Kennzahlen kann dann die Messung der Kundenzufriedenheit sein. Geradezu ein Hype rankt sich um den Net Promoter Score. Diese Kennzahl dürfte jedoch in den weitaus meisten Geschäftsbeziehungen des After Sales Service weit über das Ziel hinausschießen. Denn unzufriedene Kunden werden Ihren Fragebogen praktisch nie ausfüllen.
Praktischer ist da eine regelmäßige (2-jährlich?) Kundenbefragung, die zumindest die wesentlichen Parameter in immer gleicher Form abfragt. Die Akzeptanz von Fragen, die sich auf das ganz konkrete Geschäft beziehen, führt zu ordentlichen Rücklaufquoten.
Trends in After Sales und Services
Nicht nur mit der Maschinen-Vernetzung sind neue Möglichkeiten des Geschäfts mit Kunden hinzugekommen. In aller Munde sind Themen wie Predictive Maintenance, aber auch Portal-Lösungen, die es Kunden erlauben, die Maschine gesamtheitlich zu sehen. Der Ersatzteilkatalog ist damit nur noch ein Bruchteil einer Lösung, die heute auch den individualisierten Shop und die Historie von Wartung, Umbau und Reparatur umfasst. Hier wird die Digitalisierung in den nächsten Jahren noch eine Reihe nutzerfreundlicher Lösungen hervorbringen. Damit einher gehen ständig steigende Anforderungen an Ihre Mannschaft.
Ein weiterer Trend umfasst die Abkehr vom Maschinen-Kauf. Damit ist nicht etwa nur die Kurzfrist-Miete gemeint, die vom Hersteller ein hohes Maß an Flexibilität verlangt.
Vielmehr geht es um dauerhafte Ansätze. Bei denen übernimmt in letzter Konsequenz der Maschinen- und Anlagenbauer Verantwortung für deren Ausbringung. Damit entfällt Sales. Das Geschäft besteht letztlich nur noch aus After Sales. Waren Service und Ersatzteilwesen bis hierhin noch profitable Zusatzgeschäfte werden sie nun zu Kostentreibern.
Für die Kalkulation von Angeboten bedeutet dies eine erhebliche Steigerung der Komplexität. Daher ist ein umfassendes und aussagefähiges After Sales Controlling unerlässlich. Der Transfer von betriebswirtschaftlichen Kennzahlen bildet daher eine wesentliche Säule des neuen Geschäfts. Allerdings lassen sich Auslastung und zukünftige Volumina kaum vorhersagen. Hierdurch steigt das mit dem Betrieb der Anlage einhergehende Risiko.
Es bleibt abzuwarten, ob sich die neuen Formen des Geschäfts tatsächlich durchsetzen. Das alles sollte Sie jedoch nicht davon abhalten, Ihren After Sales Service auf- oder auszubauen.
Denn, selbst wenn Ihre ersten Schritte zunächst wenig perfekt sind, gilt:
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Andreas.Noll@no-stop.de