Ersetzungen im Ersatzteil-Lebenszyklus sicher beherrschen
Oft scheint es, dass der Kreativität von Entwicklern keine Grenzen gesetzt sind. Manchmal sind sie so kreativ, dass Sie etwas erfinden, das es schon gibt. Das merkt kaum jemand.
Außer die Ersatzteillogistik
Denn dann stehen Ersetzungen an. Diese zu handhaben erfordert durchaus eine eigene handwerkliche Kreativität.
𝗦𝗲𝗶𝘁𝗲𝗻𝗶𝗻𝗵𝗮𝗹𝘁 (aufklappbar)
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Ende und Anfang des Lebenszyklus von Ersatzteilen
Eigentlich ist es im Maschinenbau ganz einfach. Ein Ersatzteil wird ersetzt. Sei es, dass die Entwicklung eine Verbesserung erdacht hat. Oder ein Lieferant stellt ein Teil nicht mehr her. Oder Sie haben eine Dublette identifiziert. Damit endet der Lebenszyklus des einen Teils. Sie setzen ein neues oder bereits vorhandenes ein.
Doch ganz so einfach ist es gerade im Ersatzteilgeschäft dann doch nicht.
Denn es gibt auch Baugruppen, die nur noch in ihren Einzelteilen erhältlich sind. Oder umgekehrt.
Welche Ersetzungen kennen wir?
Die "ganz normale" Ersetzung kennt jeder von uns. Den Fall "ABC wird ersetzt durch XYZ" bilden auch die meisten ERP-Systeme ab. Es geht jedoch auch komplexer:
Ersetzung 1 zu 1
Meist kommt es so, wie oben beschrieben:
ein Ersatzteil ersetzt ein anderes.
Ersetzung 1 zu n
Es geht auch komplizierter. Zwei oder ganz viele einzelne Teile ersetzen ein Bauteil, zum Beispiel eine Baugruppe.
Ersetzung n zu 1
Doch wie sieht es aus, wenn eine ganze Baugruppe ein Ersatzteil ersetzt?
Dann endet für mehrere Ersatzteile deren Lebenszyklus, allerdings nicht zwingend für alle. Einige Teile bestehen weiter.
Ersetzung 1 zu "manchmal"
Und schließlich gibt es noch den Fall der teilweisen Ersetzung.
In diesem Fall bedarf es bestimmter Voraussetzungen für die Änderung des Lebenszyklus:
- das bisherige Teil wird nur für einen Maschinentyp ersetzt,
- das neue Teil kommt erst ab einer bestimmten Maschinen-Seriennummer zum Einsatz,
oder auch
- nur in bestimmten Einsatz-Bereichen wird ersetzt.
Mit dieser Fülle gehen durchaus unterschiedliche Abbildungen im ERP einher. Bilden die meisten ERP-Systeme noch die 1 zu 1 Ersetzungen ab, wird es bei allen anderen Fällen durchaus komplexer. Und natürlich individueller.
Stammdaten: das A und O im transparenten Lebenszyklus
Die hohen Anforderungen an das Stammdatenmanagement im Ersatzteilgeschäft machen auch vor Ersetzungen nicht halt. Die Ersatzteilbücher wollen gepflegt sein, sowohl in elektronischer Form, wie auch in der mitzuliefernden Druckversion. Hier hilft nur ein hohes Maß integrierter Prozesse. Die Pflege der Ersatzteilbücher im ERP als Stückliste ist ein wesentlicher Baustein.
Hinzu kommt die Anpassung von Erstbevorratungsvorschlägen an die nächste Stufe der Lieferkette, oder eben den Kunden. Auch hier vereinfacht deren Abbildung als Stückliste im ERP die Übersicht.
Wie Ersetzungen im ERP abbilden?
Wie oben beschrieben ermöglichen wohl die meisten ERP Systeme Ersetzungen. Damit unterstützen sie die vom Lebenszyklus getriebenen Prozesse, zumindest in der 1 zu 1 Fassung. Doch das reicht nicht.
Nicht alle am Prozess Beteiligten arbeiten online. Häufig müssen die Informationen auf Papieren in solchen Fällen helfen. Denn stellen wir uns den Monteur vor, der ABC bestellt hat, aber XYZ geliefert bekommt. Der ist über einen Text "ersetzt ABC" zum Beispiel in der Bezeichnung dankbar.
Ähnliches gilt für das ersetzte Teil, hier ABC. Ein "ersetzt durch XYZ" hilft in der zukünftigen Datenpflege ungemein.
Eine Anwendung ist die Bereinigung von Ketten-Ersetzungen. Gerade Unternehmen mit einem hohen Gleichteile-Einsatz sind hierfür anfällig:
ABC wird ersetzt durch XYZ. Später ersetzt KLM XYZ. Noch etwas später wird auch KLM ersetzt. Das kommt vor. Spätestens, wenn Sie einige Male durch eine solche Kette aufgehalten wurden, erkennen Sie den Handlungsbedarf.
Stückliste erlauben komplexe Ersetzungen
Logisch zeigt eine Stückliste die Zusammensetzung eines Endprodukts oder einer Baugruppe auf. Eine Stückliste kann jedoch auch dazu genutzt werden, komplexe Ersetzungen darzustellen. Gerade 1 zu n Ersetzungen ähneln dem Aufbau einer Stückliste so sehr, dass sie sich vortrefflich einsetzen lassen.
Allerdings selten im Standard.
Ganz nebenbei verfügen moderne Stücklisten für jede Position über einen Gültigkeitszeitraum. Hierdurch können Sie auch komplexen Anforderungen abbilden.
Abschließend noch ein Hinweis auf die schwierigste Form der Ablösung. Wenn die Ersetzung nur in speziellen Fällen zutrifft, muss menschlicher Verstand zum Einsatz kommen. Häufig erlauben Stücklisten statt einer Komponente als Artikel auch eine Text-Position. Über diesen "Umweg" ist es zum Beispiel möglich, im Webshop dem Erfasser einer exotisch ersetzten Position einen Hinweis-Text zurückzumelden. Gerade in SAP kann hierdurch ein Auftrag abgeschlossen werden, obwohl eine einzelne Auftragspositionen wegen Ersetzungen eigentlich so nicht gebucht werden können.
Materialstatus kennzeichnet den Lebenszyklus
Zusätzlich zur Ersetzung selbst kann und sollte der Materialstatus Hinweise geben. Die Unterscheidung nach allgemein gültigen und lokalen (im Bild "Werk") Regeln ermöglicht ein flexibles Handeln lokal bei gleichzeitig unmittelbar transparenter Verteilung der Ersetzungs-Information.
Da ein einmal festgelegtes Modell der Materialstatus im Nachhinein nicht zu ändern ist, sollten die Anforderungen des Ersatzteilwesens in der Frühphase eines ERP-Systems Berücksichtigung finden. Insofern ist das Bild durchaus auch mangelhaft: zwischen einzelnen Status ist kein Platz mehr für zukünftige Anpassungen. Abhilfe schaffen die "Gruppen", die allerdings auch sprechend angelegt wurden.
Lebenszyklus von Ersatzteilen im Materialstatus abgebildet
Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass die Pflege des Materialstatus in jeder mittelgroßen Organisation eines oder sogar mehrerer automatischer Pflegeprogramme bedarf. Denn wenn eine Ersetzung greifen soll, wenn der Bestand aufgebraucht wurde, kann diese Prüfung manuell nicht mehr geschehen.
Bestand: wie damit umgehen?
Nehmen wir den kritischsten Fall: Für Ersatzteile werden Ersetzungen erzwungen, weil sie ein Sicherheitsrisiko darstellen. Dann findet der Lebenszyklus dieser Teile ein abruptes Ende. Der Aufbrauch vorhandener Bestände ist schlicht unzulässig, alle Bestände müssen
- aufgearbeitet,
- wo möglich an einen Lieferanten zurückgegeben,
oder im schlimmsten Fall
werden. Hinzu kommen gegebenenfalls Fragen, wer die Kosten in der Lieferkette vom Lieferanten bis zum Kunden zu tragen hat. Über den Materialstatus wird (zentral) festgelegt, ob Retouren zulässig sind.
Die am wenigsten elegante Lösung lautet "Aussitzen". Durch Wertberichtigungen in den Folgejahren leiden viele Unternehmen unter den längst vergessenen Gründen für Ersetzungen. Aussitzen täuscht lediglich vor, ersetzte Teile seien noch werthaltig. Dabei sind es doch Lagerleichen.
Aber auch, wenn ein Risiko nicht vorliegt, sollten Sie handeln. Womöglich kaufen Kunden jetzt nur noch das ersetzende Teil. Dann bleiben Sie auf den Restmengen sitzen. Eine elegante Lösung kann es sein, Kunden per Last-Time-Buy ein Sonderangebot zu machen. Ihre Erfolgschancen erhöhen Sie, wenn Sie genau auf die Kunden zielen, die das Teil auch vorher schon gekauft haben. Oder bei denen es in die Maschine passt. Als anonymer Weg kann eine Rest-Rampe in Ihrem Webshop dienen. Den Weg dorthin können Sie unterstützen, wenn Sie in Ihren elektronischen Kanälen Banner-Werbung einsetzen.
In der Lieferkette komplexe Auswirkungen managen
Gerade in der Lieferkette von Ersatzteilen - mit verteilten Beständen vom Zentrallager bis zum Monteur in einer Niederlassung - kann der Lebenszyklus von Ersatzteilen sehr unterschiedlich sein. Dies drückt sich in oftmals sehr zähen Anpassungen aus.
Der Bestand auf dem Wagen des Service-Technikers wird eben häufig erst bei der nächsten Inventur von Überflüssigem befreit. Von da aus ins Niederlassungslager, und später von dort zurück in das Zentrallager. Und irgendwann zurück zum Lieferanten. Das dauert so lange, dass eine Verschrottung billiger kommt.
Diese Abwägung ist alles andere als trivial. Schließlich kennt kaum jemand die zugeordneten Prozesskosten. Schon daher bietet der oben beschriebene Prozess der Verwaltung über den Materialstatus eine Verkürzung der Durchlaufzeit in der Lieferkette. Was nicht rein administrativ retourniert werden kann, müssen die lokalen Einheiten verschrotten.
Auswirkungen in Prozessen
Die Stammdaten-Pflege organisieren
Die Gründe für Ersetzungen sind vielfältig. Sie müssen auch nicht immer im eigenen Haus liegen. Oft lösen Lieferanten Obsoleszenzen durch Abkündigungen aus. Hoffentlich merken Sie davon nicht erst, wenn Ihr Kunde bestellt hat. Spätestens dann müssen Sie einen Pflege-Prozess mehrerer Artikelstammdaten anstoßen. Das kann durchaus auch eine Neu-Anlage von Ersatzteilen sein.
Da dieser Prozess regelmäßig auftritt, macht es Sinn, dass Sie ihn mit Personal ausstatten. Denn die Prozesse rings um Obsoleszenzen sind auch in teilautomatisierten Abläufen aufwändig.
Der Ersatzteil-Einkauf drückt nicht nur den Preis
Bei Ersetzungen von Ersatzteilen schlägt die Stunde des Ersatzteil-Einkaufs einmal ganz anders. Bestehende Kontrakte können nicht erfüllt werden, vorhandene Bestellungen wollen storniert sein. Jetzt geht es um Schadensbegrenzung. Etwaige Bestände beim Lieferanten müssen eventuell kompensiert werden. Aber bitte nicht zum Wert der bisherigen Konditionen.
Gut, wenn das ersetzende Ersatzteil beim selben Lieferanten beschafft werden kann.
Ersatzteil-Einkauf ist eben doch anders.
Die Disposition: Zahlen auf dem Prüfstand
Der Materialstatus steuert (oder besser: sollte steuern), dass niemand mehr ein ersetztes Teil beschafft. Doch das genügt nicht. Das ersetzende Teil wird häufiger gebraucht. Ihre Bestellmengenrechnung muss das berücksichtigen. Eine Einmal-Beschaffung reicht da in den seltensten Fällen, allenfalls als ad-hoc Reaktion. Abhilfe schafft hier nur die Übertragung der Verbrauchsdaten. Kein einfaches Unterfangen, wenn Sie für eine automatisierte Klassifizierung die Verbrauchshäufigkeiten kumulieren wollen.
Aber auch die Verbrauchsmengen müssen transferiert werden, soll die Bestandsoptimierung funktionieren.
Gegenüber dem Kunden
Eigentlich sind alle Prozesse mit dem Kunden betroffen. Egal, ob
- ein Angebot unmöglich (=ungültig) wird,
- ein Auftrag anders als vom Kunden erwartet aussieht,
- ein Auftrag nachträglich anzupassen ist,
- unerwartet hohe Rechnungen auf dem Kulanzweg kompensiert werden,
immer wieder ist menschliche Interaktion nötig. Ohne ein aktives Beschwerdemanagement bergen Ersetzungen massive Sprengkraft.
Gerade aus diesem Grund sind detaillierte Prozess-Betrachtungen Pflicht.
Auch Ihr Ersatzteil-Pricing wird manchmal betroffen sein. Wenn Ihr Kunde statt eines Zahnrads ein Getriebe kaufen soll, dann darf diese Getriebe nicht überteuert sein. Ein Extremfall, zugegebenermaßen. Aber schon eine Verdopplung Ihres Preises, aus welchem Grund auch immer, wird bei so manchem Kunden mehr als nur ein Stirnrunzeln hervorrufen.
Helfen Sie Ihren Niederlassungen und Händlern
Der Fokus des bisher Beschriebenen lag auf technischen und betriebswirtschaftlichen Überlegungen. Gönnen Sie Ihren Kunden darüber hinausgehende Erläuterungen. Das After Sales Service Geschäft ist komplex genug. Eine Maßnahme zur Vereinfachung ist eine tabellarische Übersicht über Ihre Ersetzungen.
Neben den Materialnummern (ersetzt durch, Ersatz für) können Sie erläutern, warum Sie ersetzt haben. Und bei teilweisen Ersetzungen vermerken Sie hier die Restriktionen. Wenn Sie Ihren Kunden dies als Excel-Tabelle zum Download zur Verfügung stellen, können diese deren ERP-System auf neuesten Stand bringen. So vermeiden Sie Fehlbestellungen.
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Der Lebenszyklus von Ersatzteilen kennt den Serienauslauf als Maximal-Risiko für Überbestände und Fehlteile gleichermaßen. Das garantiert bei der üblicherweise schlechten Stammdaten-Situation Komplexität.
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Denn als Management Consultant für den After Sales unterstütze ich Sie bei Einführung von Prozessen und Optimierung.
Andreas.Noll@no-stop.de